Grenzen überschreiten
Das Semesterthema im Sommer 2023

Im Sommersemester 2023 bearbeitet der Fachbereich Architektur erstmals ein gemeinsames Semesterthema. Mit der Durchführung des auf eine Initiative von Anna-Maria Meister und Katharina Immekus zurückgehenden Projekts am gesamten FB 15 wird zum einen die multidisziplinäre Herangehensweise von Architektur an komplexe Themen bzw. dringende Fragen nach außen gezeigt; zum anderen wird nach innen Diskurs quer über Fach- und Statusgruppen intensiviert und fokussiert. Alle Fachbereichsmitglieder sind aufgefordert, sich mit eigenen Beiträgen, Veranstaltungen, Lehrveranstaltungen zu beteiligen.

Folgendes Thema wurde vom Fachbereichsrat aus den Einreichungen aus dem Fachbereich für das Sommersemester 2023 ausgewählt:

Grenzen überschreiten

Grenzen trennen nicht nur das Eine vom Anderen, sie fordern zugleich zu Grenzüberschreitungen auf. ln den Künsten werden immer wieder die Grenzen zwischen Gattungen aufgebrochen.

Experimente führen zu Hybriden, die Grenzziehungen verunmöglichen. ln architektonischen oder städtebaulichen Entwürfen ordnen Grenzen den Raum funktional und gestalterisch, trennen und verbinden. Grenzzonen sind auch Niemandsland, Randbereiche, Peripherie – sie stellen kreative Potentiale, aber auch Herausforderungen dar. Derzeit werden geographische und politische Grenzen überschritten, sei es aufgrund von Krieg, Verfolgung oder der Folgen des Klimawandels. „Grenzen überschreiten“ ist somit in vielfältiger Weise aktuell.

Die Beiträge

L'oeil de l'exilé Paris – Maison des journalistes sans frontières

Masterthesis Sommersemester 2023
FG Entwerfen und Baukonstruktion
Prof. Felix Waechter

‚Zeitungen – mit einem Gefühl von Ehrfurcht schreibe ich dieses Wort nieder. Zeitungen sind eines der großen Kulturmittel, durch die wir Europäer, Europäer geworden sind‘

Entgegen der – nicht auf Europa zu begrenzenden – kulturellen Errungenschaft, die Schlözer 1805 beschreibt und wider Artikel 19 der ‚Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte‘ der Vereinten Nationen vom Dezember 1948 sowie Artikel 5 des Grundgesetzes, wonach jeder das Recht hat, seine Meinung in Wort Schrift und Bild frei zu äußern, ist die Freiheit der Meinungsäußerung real in nur wenigen Ländern möglich und Journalisten können global kaum zufriedenstellend arbeiten. Vielmehr werden sie vielerorts aufgrund ihrer Tätigkeit verfolgt, verhaftet oder sogar getötet. Dadurch wird die für die pluralistische Meinungsvielfalt und die demokratische Willensbildung wichtige Information, aber auch Transparenz und Kontrolle durch die Presse verhindert. Eine Aufgabe und Rolle, die der britische Gelehrte Frederick Knight Hunt bereits Mitte des 19. Jahrhunderts als vierte Gewalt im Staat anerkennt.

Um Meinungsfreiheit und Teilhabe als gemeinsame Werte einer offenen und lebendigen Gesellschaft sichtbar zu machen, bedarf es an Räumen die es ermöglichen, die wichtige journalistische Arbeit aus dem Exil heraus fortzuführen und die zugleich auch Lernorte der freiheitlichen Haltung und Orientierung und auch ihr Gesicht sind. Die Verlagshäuser weiterdenkend, ergänzt um temporäres Wohnen und repräsentative Räume, wollen wir als Fanal und Zeichen der Pressefreiheit einen Zufluchts- und Arbeitsort für verfolgte Journalistinnen und Journalisten suchen.

Über die Frage der Setzung, der Raumbildung und Atmosphäre hinaus sind es gerade der Kontext des Historischen und der Stadt, die Suche nach dem Ausdruck, der Konstruktion im Einklang mit der Raumbildung sowie Fragen zu Zirkularität und Permanenz von Gebäuden, die eine scheinbar weit vom Alltag entfernte Planungsaufgabe, besonders aktuell machen. Wir suchen nach adäquaten Raumkonfigurationen um das in Einzelaspekten vermittelte Wissen über Topos, Typologie, Tektonik anzuwenden und mit den elementaren Fragen der Architektur zu Raum, Struktur, Material zu einem sinnhaften Ganzen werden zu lassen und einen hybrid Baukörper angemessen in den Öffentlichen Raum zu vernähen.

Gemeinsam werden wir in Paris den Ort studieren um mit einem mit einem geschulten Auge eine Antwort auf die Aufgabe zu finden.

Memoria

Masterentwurf
FG Entwerfen und Gebäudetypologie
Prof.'in Elke Reichel

In Zeiten großer Krisen und menschlicher Tragödien braucht es mehr denn je Orte zum Innehalten.

Wie bewältigen wir traumatische Ereignisse? Wo kommen Trauernde zusammen? Wie kann Gedenken auch tausende von Kilometern entfernt vom Unglücksort erfolgen? Wo kommen Menschen unterschiedlicher Religion und Herkunft zusammen, um gemeinsam einen emotionalen Ausdruck ihres Leids zu finden? Wie kann sich der Bedarf nach Gemeinschaft und Austausch sowie gleichzeitig Ruhe und Besinnung ergänzen?

Wir wollen einen Ort der Erinnerung schaffen. Einen starken atmosphärischen Ort. Einen Ort zur Reflektion, zur Meditation, zur Trauer, zur Freude, einen Ort des Austauschs für ein gegenseitiges, besseres Verständnis…

… um zu sehen, dass in der Trauer alle Menschen recht ähnlich sind.

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Die Galerie im Transfer

Seminar
FG Bildnerisches Gestalten
Prof.'in Katharina Immekus

Das Galerieseminar lädt in diesem Semester Gäste aus der Leipziger Kunstszene ein, um den Raum der Galerie Parkhaus zu bespielen. Damit möchten wir den künstlerischen Transfer fortsetzen, den die Galerie Parkhaus bereits 2019 initiiert hat,als sie mit Arbeiten der Studierenden zu Gast in der Galerie b2_, in Leipzig war. Ein interdisziplinärer Austausch, von dem sowohl Künstler:innen als auch Architekt:innen profitieren und der darüber hinaus die Sichtbarkeit der Beteiligten steigert.

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Magazin-Seminar No.2

Seminar
FG Bildnerisches Gestalten
Prof.'in Katharina Immekus

Das Magazin „Blaupause“ wird in diesem Semester zum ersten Mal erscheinen. In diesem finden sich Themen, die die Architekturstudierenden des Hauses für wichtig halten und die sie über das Studium hinaus beschäftigen. Ein Heft welches zum freien, offenen Ort des Austauschs und der Interessen geworden ist. Ein Haus-Magazin in dem Dinge angesprochen werden, die sonst am Fachbereich nicht immer Zeit und Gehör finden.

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Summer School Metropolitan Landscapes in Germany and Taiwan

Summer School
FG Entwerfen und Freiraumplanung
Prof. Dr.-Ing. Jörg Dettmar

Settlements, infrastructures and open spaces in the metropolitan region merge into a complex landscape that reveals at second glance. They are defined by high dynamics and constant change. The aim of this summer school is to understand the function and character of metropolitan areas and the landscape they are composed of. This course is part of an international exchange between students of TU Darmstadt, the National Cheng Kung University (NCKU), Tainan, Taiwan and the Frankfurt University of Applied Sciences. We aim to cross intellectual borders by comparing different perspectives on the complexity of landscape in the context of metropolitan regions and urbanized areas in the German and Taiwanese context.

In this Summer School we will focus on two examples of German Metropolitan Areas: The FrankufurtRheinMain Metropolis and the Ruhr Metropolis.

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Fachmodul A Historische Grundlagen

Vorlesung
FG Architektur- und Kunstgeschichte
PD Dr. Meinrad v. Engelberg

Das Semestermotto „Grenzen überschreiten“ ist zugleich Rahmenthema der Vorlesung „Fachmodul A Historische Grundlagen“ im SoSe 23. In sechs Vorträgen wird der Gegenstand aus verschiedenen Perspektiven diskutiert, die Anregungen für die Bearbeitung der anschließend gestellten Aufgabe bieten sollen.

Damit Grenzen überschritten werden können, müssen sie zunächst definiert werden. Nur in seltenen Fällen scheinen sie „offensichtlich naturgegeben“ (wie z.B. an der Straße von Gibraltar zwischen Europa und Afrika), meistens sind sie dagegen baulich oder normativ gesetzt, sie sind Menschenwerk bzw. soziale Konstruktionen. Neben ihrem offensichtlich ausschließenden und trennenden Charakter können sie auch in dem Sinne verbinden, dass politische Entitäten und Räume etabliert werden, in denen bestimmte Rechte (und Pflichten) für alle gelten. Grenzbauwerke dienen hierbei nicht nur ihrer offensichtlichen praktisch-technischen Funktion, sondern wirken auch symbolisch-zeichenhaft – man denke nur an die Berliner oder die Chinesische Mauer, den römischen Limes oder die aktuelle Diskussion um neue Grenzschutzanlagen der EU. Jedes Gebäude definiert automatisch eine Grenze zwischen Innen- und Außenraum, auch wenn diese, wie beim Zelt, nicht zwingend ortsfest oder wie beim Schutzdach nicht physisch abgeschlossen ist. Wenn Grenzen negiert oder verschoben werden, muss das nicht automatisch positiv sein, wie der Fall des Ukrainekriegs zeigt. Während physische Grenzen oft individuell überschritten werden, ohne deren Existenz deshalb ins Wanken zu bringen, kann man diejenigen in den Köpfen verschieben, aufweichen oder negieren, z.B. Geschlechterkategorien, ethnische Zuordnungen, religiöse Bekenntnisse oder politische Überzeugungen. Andere Limits sind vielleicht verschiebbar und strittig, aber letztlich nur einmal zu übertreten, z.B. Geburt oder Tod.

Spritzig – Objekte aus Spritzbeton mit Schalungen aus Papier und Textilien

Masterentwurf
FG Plastisches Gestalten
Prof. Ariel Auslender

Im Seminar „Spritzig“ werden neue und unkonventionelle Möglichkeiten untersucht, um Textilien und Papier in der Bauindustrie zu verwenden. In Einzel- oder Gruppenarbeit werden Betonobjekte im Spritzbetonverfahren mit Schalungen aus Papier oder Textil hergestellt.

Ausgangsfrage ist, wie geeignete Schalungen gestaltet, konstruiert und beherrscht werden können. Nach einer Reihe von Einführungsveranstaltungen werden die Schalungen entworfen und angefertigt. Ggf. sind zusätzliche Stützkonstruktionen zu entwickeln. Möglichkeiten zur Bewehrung der Objekte werden ebenfalls untersucht. Abschließend werden die Schalungen mit Beton „bespritzt“.

Die Objekte werden in Rücksprachen am Fachgebiet erarbeitet. Die Maße der Endobjekte werden unter ca. 100 x 100 x 100 cm betragen.

Der Entwurfsansatz wird zum Testat anhand eines Posters und Modellen erläutert. Zum Testat soll die Schalung weitgehend fertig konzeptioniert sein. Außerdem soll das Vorhaben in kleineren Experimenten hinsichtlich der Durchführbarkeit getestet worden sein.

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Grüner Seminarraum

Vorlesung und Übungen
FG Entwerfen und Raumgestaltung
Prof.'in Dipl.-Ing. ETH Johanna Meyer-Grohbrügge

Die Vorlesung und Übungen zielen auf die Vertiefung und Erweiterung der Begriffe von architektonischem Typus und der sie bestimmenden Raumelemente: In der Übung «Raumgestaltung II» werden wir bei gemeinnsamen Exkursionen in Darmstadt und Frankfurt prominente Beispiele solcher Typen besichtigen. Dabei schulen wir unsere Rauwahrnehmung und richten besonderen Augenmerk auf die sogenannten Schwellenräume. Weder hier noch dort, weder drinnen noch draußen, sind sie Räume der Verhandlung und der Bewegung. Wir üben das präzise Hinsehen und zeichnerisches Dokumentieren und möchten anhand der Ergebnisse das Verhältnis zwischen Raumelement und Gebäudetypus diskutieren.

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Form. Experiment. Tragwerk

Master-Seminar
FG Tragwerksentwicklung und Bauphysik
Prof. Dr.-Ing. Karsten Tichelmann

Aufbauend auf den Grundlagenkenntnissen der Tragwerksentwicklung wird eine Systematik der Typologie der Tragwerke erarbeitet, deren Wirkungsweise nachvollzogen und anhand gebauter Beispiele deren architektonischer Ausdruck analysiert. Das Verständnis der Wechselwirkung zwischen Tragsystem, Funktion, Konstruktion und architektonischer Gestalt soll die Teilnehmer in die Lage versetzen, Entwurfsstrategien ganzheitlich zu beurteilen und zu bewerten sowie spezifische Strategien für die jeweilige Bauaufgabe abzuleiten. Das Verständnis für die Wirkungsweise von Tragsystemen soll durch den Entwurf eines experimentellen Brückentragwerks nachgewiesen werden.

Fachgebiet Entwerfen und Gebäudetechnologie
Prof.‘In Anett-Maud Joppien

Mit dem Projekt „Agritecture Academy“, möchten wir, wie der Tital schon sagt, die bisherige Grenze zwischen Architektur und Landwirtschaft überschreiten, auflösen und Verbindungen schaffen, um Lösungen für die Sicherung der Welternährung im urbanen Raum aufzuzeigen. Erträge aus urbaner Landwirtschaft können einen erheblichen Beitrag zur Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion liefern, zumal 2050 voraussichtlich 80 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben werden. Die Transformation in eine intelligente, effiziente und robuste urbane Landwirtschaft sollte daher nicht nur gefördert, sondern beschleunigt werden.

Mit der „Agritecture Academy Potsdam“ soll ein Ort für Forschung, Planung und Wissensvermittlung im Hinblick auf die praktische Umsetzung urbaner Landwirtschaft entstehen –ein interdisziplinäres Zentrum an dem Teams unterschiedlicher Kompetenzen grenzenüberschreitend zusammenarbeiten und Besucher und Bewohner eingeladen werden in diese neue, zukunftweisende Welt einzutauchen.

Wie geht es weiter?

Alle mit dem Semesterthema verbundenen Beiträge und Veranstaltungen werden auf dieser Webseite gesammelt gefeatured. Die Ergebnisse werden am Semesterende ausgestellt und in einer Abschlussrunde diskutiert.

Es ist geplant, das Semesterthema künftig alle drei Semester durchzuführen.

Um die Beiträge bereits im Vorfeld sichtbar zu machen, sollen sie zudem mit dem Logo gekennzeichnet werden, dass Sie hier in verschiedenen Formaten herunterladen können.

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