Das erste Darmstädter Gespräch, das vom 15. bis 17. Juli 1950 in der Darmstädter Stadthalle stattfand, war eine Initiative der Neuen Darmstädter Sezession. Finanziell wurde die Veranstaltung wesentlich von der Stadt Darmstadt getragen. Bisher weniger bekannt ist, dass das Kunstgeschichtliche Institut bei der Planung und Umsetzung eine zentrale Rolle spielte. Zunächst war es Josef Adolf Schmoll gen. Eisenwerth, Assistent am Institut zwischen 1946 und 1951, der als Kunsthistoriker dem ersten Planungsausschuss der Sezession für eine Jahresausstellung im Sommer 1950 angehörte. In diesem Zusammenhang entstand die Idee zu einem begleitenden Gespräch, das schließlich zu einer selbständigen Veranstaltung und als „Darmstädter Gespräch“ zu einer regelrechten Marke wurde. Bis 1975 fanden insgesamt elf Darmstädter Gespräch statt.

Die Rolle von Hans Gerhard Evers

Hans Gerhard Evers, der im April 1950 zum ordentlichen Professor ernannt wurde, also ganz neu in Darmstadt war, wurde sogleich die Leitung des Gesprächs angetragen, die er dann auch übernahm. Ab diesem Zeitpunkt war Evers Mitglied des Komitees zur Planung der Darmstädter Gespräche, das in den Folgejahren nicht mehr von der Sezession, sondern von der Stadt einberufen wurde.

Für das erste Gespräch lässt sich nachweisen, dass Evers sich weit über die Leitung des eigentlichen Gesprächs hinaus engagierte. Er übernahm die gesamte Korrespondenz mit den Vortragenden und er führte Buch über alle Ein- und Ausgaben, darunter auch die Personalkosten und Honorare für die Vortragenden. Die Arbeit wurde dabei auch auf weiter Schultern des Instituts verteilt. Evers' Doktorand Martin Klewitz betreute etwa die studentischen Aushilfen, vermutlich allesamt Architekturstudierende, die wiederum während des Gesprächs die Gästebetreuung übernahmen. Zudem wurde die Sekretärin Maria Riedlinger in Teilzeit für die Gesprächsvorbereitung eingestellt.

Evers war auch Herausgeber der Tagungsakten zum ersten Gespräch und korrespondierte in diesem Zusammenhang noch bis Mitte 1951 rege mit vielen der Tagungsgäste. Dabei kam es mitunter auch zu Meinungsverschiedenheiten, bei deren Beilegung sich Evers als taktierender Diplomat beweist.

Für Evers bedeutete die Arbeit im Komitee auch die Möglichkeit, sich und das Institut mit den lokalen Kulturinstitutionen und wichtigen Vertretern der Stadtverwaltung zu vernetzen. Mehrfach gelingt es ihm in den frühen 1950er-Jahren städtische Gelder für den Aufbau seines Instituts einzuwerben, wobei er in seinen Briefen an den Oberbürgermeister Ludwig Engel auch das Engagement seines Instituts für das Darmstädter Gespräch ins Feld führt.

Administrative Dokumente zum ersten Darmstädter Gespräch

Buchführung über Einnahmen und Ausgaben

Buchführung über Einnahmen und Ausgaben

Rechnung über Werbekosten

Rechnung für Büromaterial

Rechnung für Saaldekoration

Aufruf nach Gästezimmern

Quittung, Honorar Klewitz

Quittung, Honorar Riedlinger

Quittung, Honorar Itten

Quittung, Honorar Sedlmayr

Quittung, Spesen Sedlmayr

Institutionelle Vernetzung und die Rolle der Technischen Hochschule

Die Darmstädter Gespräche waren in den Nachkriegsjahrzehnten ein wichtiger Ort des intellektuellen Austauschs innerhalb Darmstadts und darüber hinaus. Sie trugen zugleich zu einer engen institutionellen Vernetzung zwischen der Darmstädter Stadtverwaltung, den örtlichen Kulturinstitutionen und der Technischen Hochschule bei. Das Kunstgeschichtliche Institut, im Planungskomitee durchgehend durch Hans Gerhard Evers vertreten, übernahm dabei eine Art Scharnierfunktion.

Die Technische Hochschule Darmstadt gehörte nicht zu den Initiatoren der Gespräche, hatte aber als ‚Infrastrukturpartner‘ wesentlichen Anteil an ihrem Gelingen. Das Engagement und Knowhow von Hans Gerhard Evers und seinen Mitarbeitern wäre hier an erster Stelle zu nennen.

Insbesondere beim zweiten und dritten Gespräch zu „Mensch und Raum“ (1951), in dem es in erster Linie um Architektur ging, und „Mensch und Technik“ (1952) wäre eine engere Kooperation mit der Hochschule auch über die Kunstgeschichte hinaus zu erwarten gewesen. Da jedoch für die ersten Gesprächen die Prämisse galt, nur auswärtige Gäste auf das Podium zu bitten, kam für die Vertreter*innen der Hochschule nur die Rolle der Gesprächsleitung in Frage. Neben Hans Gerhard Evers (1950 u. 1952) übernahmen auch der Soziologe Eugen Kogon (1958 u. 1960) und später der Archäologe Heiner Knell (1975) diese Rolle.

„Die geplante Darmstädter Veranstaltung geht nicht von der Technischen Hochschule aus, sondern von der Stadt Darmstadt. Doch ist die Technische Hochschule selbstverständlich an dem Thema beteiligt, und eine Reihe unserer Kollegen wird aufmerksam teilnehmen. Die Stadt hat für die Darmstädter Gespräche den Grundsatz, daß keine Darmstädter in Vorträgen oder Referaten spricht, sodaß ein unmittelbarer Einschluß der Technischen Hochschule und ihrer Mitglieder zurückgestellt ist.“ Brief von H. G. Evers an Dr. phil. Erwin Fues, Rektor der Technischen Hochschule Stuttgart, 6. Mai 1952. Universitätsarchiv Darmstadt, Nachlass Evers, 303-50.

1956 forderte Evers, er war zu dieser Zeit Dekan des Fachbereichs Architektur, den Rektor der TH Darmstadt dann doch einmal dazu auf, als „Ideengeber“ für ein Gespräch aufzutreten und schlägt als einen möglichen Schwerpunkt das Thema „Atom“ vor (1). Zu einer solchen Zusammenarbeit kam es dann aber nicht.

Ein besonders sichtbarer Beitrag der Hochschule zu den Darmstädter Gesprächen war die Bereitstellung der Otto-Berndt-Halle, die zwischen 1952 und 1968 als zentraler Gesprächsort diente. Diese Halle war 1792 zu militärischen Zwecken erbaut worden, ab 1918 wurde sie als Lager des Landestheaters genutzt. Nach einem Umbau zur Turn- und Festhalle nach Plänen des Architekten Karl Roth, 1926, eine Initiative des TH-Professors für Maschinenkunde und Technologie Otto Berndt, erhielt sie ihren heutigen Namen. Im zweiten Weltkrieg brannte die Halle völlig aus und wurde zwischen 1950 und 1952 nach Plänen von Günter Koch und Christoph Miller wiederaufgebaut und fortan durch die Technische Hochschule als Mensa und Veranstaltungsraum genutzt. Die Halle gilt heute als ein typisches Beispiel für die Architektur der 1950er-Jahre.

Die Ausstellungen

Das erste Darmstädter Gespräch entstand aus einer Ausstellungsidee der Darmstädter Sezession heraus. Auch in den späteren Jahren, als die Gespräche mehr und mehr in den Vordergrund rückten, wurden sie weiterhin von Ausstellungsprojekten begleitet. Dabei war von Anfang an die Vorstellung einer befruchtenden Wechselwirkung zwischen Ausstellung und Gespräch bzw. Theorie und Praxis/Realität leitend. Ziel der Ausstellung 1950 war es zum Beispiel, einen Überblick über die vielen Arten und Möglichkeiten von Menschenbildern in der (deutschen) Kunst zu geben.

Die Mathildenhöhe war der erste und auch der häufigste Ausstellungsort dieser Ausstellungen. Dabei wurde ausdrücklich die Anknüpfung an den progressiven Geist der um 1900 gegründeten Künstlerkolonie gesucht (Vgl. Wagner-Conzelmann). Die Ausstellungen aktueller Kunst und aktuellen Designs im Kontext der Darmstädter Gespräche auf der Mathildenhöhe trugen dazu bei, die Mathildenhöhe zu einem wichtigen kulturellen Zentrum der Nachkriegszeit zu machen und ihr Profil als international bedeutsame Stätte der zeitgenössischen Kunst zu schärfen. Ähnliches gilt auch für Hans Gerhard Evers, der sich ab seiner Ankunft in Darmstadt verstärkt aktueller Kunst zuwandte.

Die Vertreter des kunsthistorischen Instituts waren bei den Ausstellungen zwar nicht federführend, aber unterstützend und beratend beteiligt. Josef Adolf Schmoll gen. Eisenwerth engagierte sich vor allem für die erste Ausstellung „Das Menschenbild in unserer Zeit“ (1950). Hans Gerhard Evers, sein Doktorand Friedrich Traut und sein Assistent Günther Sperlich arbeiteten am Katalog und der Ausstellung zum Theaterbau (1955) mit. Für den Ausstellungskatalog „Zeugnisse der Angst in der modernen Kunst“ (1963), den Hans Gerhard Evers mitherausgab, verfasste er das Vor- und Nachwort.

(1) Brief von H. G. Evers an den Rektor der Technischen Hochschule Darmstadt, 20. Januar 1956. Universitätsarchiv Darmstadt, H 55A-1077/2.

(Lisa Beißwanger / Sonja Azizaj / Sandra Kunz)

Quellen:

Archivquellen:

Evers-Nachlass im Universitätsarchiv Darmstadt, 303-2; 303-49; 303-50.

Pressespiegel der DG ab 1950 im Stadtarchiv Darmstadt. Bestand 62, Nr. 28 Bildende Kunst und Kultur.

Komiteeprotokolle der DG ab 1971 im Stadtarchiv Darmstadt, Bestand 400, Nr. 271.

Literatur:

Hans Gerhard Evers (Hg.): Zeugnisse der Angst in der modernen Kunst. Ausst. Kat. Mathildenhöhe Darmstadt 1963.

Philipp Gutbrod: Baumeister versus Sedlmayr – Die Kontroverse um Kunst und Religion im ersten Darmstädter Gespräch 1950. In: Kirsten Fitzke (Hg.): Kritische Wege zur Moderne. Festschrift für Dietrich Schubert. Stuttgart 2006, S. 43-67, hier S. 44.

Mona Sauer: Otto-Berndt-Halle. In: Stadtlexikon Darmstadt https://www.darmstadt-stadtlexikon.de/o/otto-berndthalle.html (abgerufen am 08.01.2020).

Sandra Wagner-Conzelmann: „… daß ihr Geist noch lebt.“ – Die Ausstellung der Künstlerkolonie von 1901 als Orientierung für die Wiederaufbaudiskussion nach 1945. In: Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hg.): „Eine Stadt müssen wir erbauen, eine ganze Stadt!“. Die Künstlerkolonie Darmstadt auf der Mathildenhöhe. Darmstadt 2017, S. 261-271.

Olivia Schott: Das erste „Darmstädter Gespräch“ 1950 – die Debatte um Abstraktion verso Figuration. In: Sabine Welsch; Klaus Wolbert (Hg.): Die Darmstädter Sezession 1919-1997. Die Kunst des 20. Jahrhunderts im Spiegel einer Künstlervereinigung, Darmstadt 1997, S. 345-365.

Christoph Zuschlag: Die theoretischen Diskurse über moderne Kunst in der Nachkriegszeit. In: Julia Friedrich; Andreas Prinzing (Hg.): So fing man einfach an, ohne viele Worte: Ausstellungswesen und Sammlungspolitik in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, Berlin 2013, S. 18-25.

1 | 1950 | 15. – 17. Juli: „Das Menschenbild in unserer Zeit“

  • Ausstellung: 15. Juli – 3. September 1950, Mathildenhöhe
  • Ausstellungskatalog: Institut Mathildenhöhe und Neue Darmstädter Sezession (Hg.): Das Menschenbild in unserer Zeit. Neue Darmstädter Sezession. Ausstellung Sommer 1950. Darmstadt Mathildenhöhe, Darmstadt: Neue Darmstädter Sezession 1950.
  • Publikation: Hans Gerhard Evers (Hg.): Das Menschenbild in unserer Zeit. Darmstädter Gespräch, herausgegeben im Auftrag des Magistrats der Stadt Darmstadt und des Komitees Darmstädter Gespräch 1950, Darmstadt: Neue Darmstädter Verlagsanstalt 1950.

2 | 1951 | 4. – 6. August: „Mensch und Raum“

  • Ausstellung: 4. August – 16. September 1951, Mathildenhöhe
  • Ausstellungskatalog: Georg A. Neidenberger (Hg.): Mensch und Raum. Ausstellung 4. August bis 16. September 1951 auf der Mathildenhöhe Darmstadt, Berlin: Brüder Hartmann 1951.
  • Publikation: Otto Bartning (Hg.): Mensch und Raum. Das Darmstädter Gespräch 1951, herausgegeben im Auftrag des Magistrats der Stadt Darmstadt und des Komitees Darmstädter Gespräch 1951, Darmstadt: Neue Darmstädter Verlagsanstalt 1952.
  • Neuausgabe: Otto Bartning (Hg.): Mensch und Raum. Das Darmstädter Gespräch 1951 (Bauwelt-Fundamente 94), Braunschweig: Vieweg 1991.

3 | 1952 | 20. – 22. September: „Mensch und Technik“

  • Ausstellung: 20. September – 2. November 1952, Mathildenhöhe
  • Ausstellungskatalog: Otto Bartning (Hg.): Mensch und Technik. Erzeugnis, Form, Gebrauch. Führer durch die Ausstellung, Darmstadt: [Neue Darmstädter Verlagsanstalt] 1952.
  • Vorabdruck (47 Seiten): Industrielle Formgebung. Darmstädter Gespräch 1952 „Mensch und Technik“. Dritter Tag, Darmstadt: Neue Darmstädter Verlagsanstalt 1952.
  • Publikation: Hans Schwippert (Hg.): Mensch und Technik. Darmstädter Gespräch. Erzeugnis, Form, Gebrauch, herausgegeben im Auftrag des Magistrats der Stadt Darmstadt und des Komitees Darmstädter Gespräch 1952, Darmstadt: Neue Darmstädter Verlagsanstalt 1952.

4 | 1953 | 26. – 28. September: „Individuum und Organisation“

  • Publikation: Fritz Neumark (Hg.): Individuum und Organisation. Darmstädter Gespräch, herausgegeben im Auftrag des Magistrats der Stadt Darmstadt und des Komitees Darmstädter Gespräch 1953, Darmstadt: Neue Darmstädter Verlagsanstalt 1954.

5 | 1955 | 23. – 25. April: „Theater“ | Otto-Berndt-Halle

  • Ausstellung: „Theaterbau“, 23. April – 26. Mai 1955, Mathildenhöhe
  • Publikation und Ausstellungskatalog: Egon Vietta (Hg.): Theater. Darmstädter Gespräch, herausgegeben im Auftrag des Magistrats der Stadt Darmstadt und des Komitees Darmstädter Gespräch 1955, Darmstadt: Neue Darmstädter Verlagsanstalt 1955.

6 | 1958 | 22. – 24. März: „Ist der Mensch messbar?“

  • Publikation: Erich Franzen (Hg.): Ist der Mensch messbar?. Darmstädter Gespräch, herausgegeben im Auftrag des Magistrats der Stadt Darmstadt und des Komitees Darmstädter Gespräch 1958, Darmstadt: Neue Darmstädter Verlagsanstalt 1959.

7 | 1960 | 10. – 12. September: „Der Mensch und seine Meinung“

  • Publikation: Eugen Kogon und Heinz Winfried Sabais (Hg.): Der Mensch und seine Meinung. Darmstädter Gespräch, herausgegeben im Auftrag des Magistrats der Stadt Darmstadt und des Komitees Darmstädter Gespräch 1960, Darmstadt: Neue Darmstädter Verlagsanstalt 1961.

8 | 1963 | 29. Juni – 1. Juli: „Angst und Hoffnung in unserer Zeit“

  • Ausstellung: „Zeugnisse der Angst in der modernen Kunst“, 29. Juni – 1. September 1963, Mathildenhöhe
  • Ausstellungskatalog: Hans Gerhard Evers (Hg.): Zeugnisse der Angst in der modernen Kunst. Mathildenhöhe Darmstadt vom 29. Juni bis 1. September 1963, Darmstadt: [Magistrat, Kulturamt] 1963.
  • Publikation: Karl Schlechta (Hg.): Angst und Hoffnung in unserer Zeit. Darmstädter Gespräch, Darmstadt: Neue Darmstädter Verlagsanstalt 1965.

9 | 1966 | 10. – 12. September: „Der Mensch und seine Zukunft“

  • Publikation: Karl Schlechta (Hg.): Der Mensch und seine Zukunft. Darmstädter Gespräch, Darmstadt: Neue Darmstädter Verlagsanstalt 1967.

10 | 1968 | 28. – 30. September: „Mensch und Menschenbilder“

  • Ausstellung: „Menschenbilder“, 14. September – 17. November 1968, Kunsthalle Darmstadt
  • Ausstellungskatalog: Bernd Krimmel (Hg.): Menschenbilder, Darmstadt: Stadt Darmstadt und Kunsthalle 1968.
  • Publikation: Rudolf Krämer-Badoni und Hans Gerhard Evers (Hg.): Mensch und Menschenbilder. Darmstädter Gespräch, Darmstadt: Neue Darmstädter Verlagsanstalt 1968.

11 | 1975 | 24. Mai: „Realismus und Realität“

  • Ausstellung: 24. Mai – 6. Juli 1975, Kunsthalle Darmstadt
  • Ausstellungskatalog: Realismus und Realität, Darmstadt: Stadt Darmstadt und Kunstverein Darmstadt 1975.
  • Publikation: Heiner Knell (Hg.): Realismus und Realität. Darmstädter Gespräch, Darmstadt: Neue Darmstädter Verlagsanstalt 1975.

12 | 1995 | 8. – 9. Dezember: „Die prozessuale Stadt“

  • Publikation: Bernd Meurer (Hg.): Die prozessuale Stadt. Ergebnisse und Folgen. 12. Darmstädter Gespräch, herausgegeben im Auftrag des Magistrats der Stadt Darmstadt, Kulturdezernat, Darmstadt: Häusser 1999.

13 | 2001 | 30. März – 1. April: „Die Gesellschaft im 21. Jahrhundert“

  • Publikation: Gerhard Gamm, Andreas Hetzel und Markus Lilienthal (Hg.): Die Gesellschaft im 21. Jahrhundert. Perspektiven auf Arbeit, Leben, Politik. 13. Darmstädter Gespräch, Frankfurt/Main: Campus 2004.

Zusammengestellt von Frederike Lausch

Kunsthistoriker*innen zu Gast bei den „Mittwochabendvorträgen“

Bereits mit seiner Berufung an die TH Darmstadt 1964 hatte Max Bächer eine lose Folge von gelegentlichen Gastvorträgen unter dem Titel „Architekten, Bauten und Projekte“ organisiert. Die „Mittwochabendvorträge“ als wöchentliche Veranstaltungsreihe des Fachbereichs Architektur etablierte sich mit dem Wintersemester 1970 und dem Umzug in das neue Fakultätsgebäude (1). Sie widmet sich bis heute der Auseinandersetzungen mit aktuellen architektonischen Strömungen und Themen. Unter den eingeladenen Referent*innen waren neben den zahlreichen Architekt*nnen vereinzelt auch Kunsthistoriker*innen, wie beispielsweise im Wintersemester (WiSe) 1984/85 Hermann Glaser, WiSe 1985/86 Johannes Cladders, WiSe 1986/87 Jürgen Paul und Fritz Neumeyer, der eher Architektur- als Kunsthistoriker ist, im Sommersemester (SoSe) 1987 Georg Mörsch, WiSe 1987/88 Antonio Hernandez, SoSe 1988 Winfried Nerdinger, WiSe 1988/89 Vittorio Magnago Lampugnani sowie im SoSe 1989 Dieter Bartetzko. Im SoSe 1985 lud Bächer Anna Teut ein, die 1967 die Publikation Architektur im Dritten Reich. 1933‒1945 veröffentlicht hatte. In seiner handschriftlichen Einführung zu Teuts Vortrag schreibt Bächer: „Dieses Buch ist bis heute die vollständigste Zusammenfassung von Fakten über die Entwicklung der sogen. Naziarchitektur, auf das jeder zurückgreift, der sich mit diesem Phänomen beschäftigt.“ (2) Hier zeigt sich, dass die „Mittwochabendvorträge“ auch ein Ort waren, an dem aktuelle Forschungen von Kunsthistoriker*innen vorgestellt und diskutiert wurden. Darunter zählte auch der an der TU Darmstadt lehrende Kunsthistoriker Georg Friedrich Koch, der im SoSe 1984 und erneut im WiSe 1988/89 vortrug. In seinem Vortrag 1984 nahm er Studierende und KollegInnen mit auf Karl Friedrich Schinkels Reise durch Italien und bis nach Sizilien zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Anhand von Tagebucheinträgen und Skizzen rekonstruierte er die Studienfahrt und Schinkels Interesse – neben den „großen Zeugnissen der Kunst- und Baugeschichte von Antike und Renaissance“ – für das alltägliche Bauen, insbesondere die italienischen Landhäuser (3). Die „Mittwochabendvorträge“ boten somit in fast jedem Semester kunstgeschichtlichen Forschungen einen Resonanz- und Diskussionsraum.

(Frederike Lausch)

(1) o. A.: Immer wieder mittwochs, in: THD intern, Nr. 7, 1993, S. 10.

(2) Max Bächers handschriftlicher Text, o. D., in: DAM, 408-300-013.

(3) Georg Friedrich Kochs Manuskript „Karl Friedrich Schinkel in Sizilien 1804 – Reisezeichnungen, Bauaufnahmen und Entwürfe“, 2. Mai 1984, in: Wiss. Nachlass Georg Friedrich Koch, Universitätsarchiv Darmstadt, noch nicht inventarisiert (Stand: 25.01.2021).