„Wella-Museum“, ehemaliges offizielles Logo
„Wella-Museum“, ehemaliges offizielles Logo

Schon 1952 wurde das erste Firmenmuseum der Wella AG in Darmstadt eröffnet, das die kulturhistorische Sammlung rund um das Thema Schönheitspflege präsentierte. Zusammengetragen hatten sie die Brüder Karl und Georg Ströher, Söhne des Wella-Gründers Franz Ströher und damals Firmeninhaber, seit den frühen 1950er Jahren. Dieses Engagement setzte sich stetig fort, und wenn in den Anfängen vor allem die Geschichte des Friseurhandwerks im Mittelpunkt des Sammlungs- und Ausstellungsinteresses stand, so entwickelte sich die Sammlung dank der Leidenschaft und Expertise der Ströher-Brüder nach und nach zu einer Kollektion, welche sich mit den vielfältigen Aspekten der Haut- und Körperpflege ohne zeitliche oder räumliche Grenzen beschäftigte.

Eingang zum 2001 neueröffneten Wella-Museum in der Berliner Allee

Zunächst wurde die Ausstellung zur Geschichte der Frisierkunst und Schönheitspflege vor allem von Auszubildenden, Mitarbeiter*innen und Kund*innen und Geschäftspartner*innen des Wella-Konzerns besucht. Doch spätestens als das Museum im Untergeschoss des Verwaltungsgebäudes an der Berliner Allee nach zehnjähriger Schließung im Jahr 2001 mit einer 850 qm umfassenden Ausstellungsfläche neueröffnet wurde, zog es auch eine breite interessierte Öffentlichkeit an. Eine Museumsbroschüre zum 100-jährigen Jubiläum der Firma 1980 informiert, dass zu diesem Zeitpunkt fast 3000 Ausstellungsstücke in nahezu vierzig Vitrinen gezeigt wurden und dass die Ausstellung umfassende Informationen zur Kulturgeschichte der Körperpflege bereithielt. Die Ausstellung war geografisch wie zeitlich übergreifend geordnet und orientierte sich im neuen Ausstellungsdesign nach Themenschwerpunkten, die anhand ausgewählter und exemplarischer Exponate dargestellt wurden: Haut- und Körperpflege, Dekorative Kosmetik, Duft & Parfum, Friseurhandwerk, Bart & Rasur sowie Haare.

Die Sammlung umfasst kultur- und kunsthistorisch bedeutende und oftmals seltene Objekte aus dem Themenspektrum der Kunst- und Kulturgeschichte der Körper- und Schönheitspflege aus allen Zeiten und in globaler Ausrichtung: So sind ein etruskischer Griffspiegel aus Bronze aus dem 2. Jahrhundert v. Chr., attische, schwarzfigurig bemalte Ölgefäße (ca. 500 v.Chr.), eine neunteilige Pariser Toilettengarnitur (um 1870), ein Parfumflakon aus Rubinglas (Böhmen, 18. Jahrhundert) neben Grafiken von Ernst Heckel, Lovis Corinth oder William Hogarth nur einige Beispiele.

Bis zu der Schließung des Museums 2013 nach dem Verkauf der Wella AG an den amerikanischen Konzern Procter & Gamble konnten dort in wechselnden Ausstellungsschwerpunkten jeweils etwa 300 von den insgesamt 3000, manchmal kuriosen Stücken bestaunt werden. Regelmäßig stattfindende Themenabende rundeten das Angebot ab.

Die Schenkung an das Hessische Landesmuseum Darmstadt

Die Sammlung des Wella-Museums wurde im November 2013 fast komplett an das Hessische Landesmuseum Darmstadt übergeben. Dadurch verbleibt die Sammlung zur Kulturgeschichte der Schönheitspflege in Darmstadt. Der universelle Charakter des Landesmuseums und die breit aufgestellten Sammlungen bieten die Möglichkeit die neuen Stücke in seine schon bestehenden kunst- und kulturgeschichtlichen Zusammenhänge einzubetten.

Viele Stücke der eindrucksvollen Sammlung sind allerdings zurzeit weder grundsätzlich wissenschaftlich aufgearbeitet, katalogisiert und digitalisiert noch als zusammenhängende Themenschau im Hessischen Landesmuseum zu sehen gewesen. Einzelstücke können aber im Rahmen bestehender Ausstellungen betrachtet werden, so vor allem im archäologischen Bereich, wo schon rund 350 Exponate aus Ägypten, der römischen Kaiserzeit, der klassischen Antike Griechenlands sowie der Vor- und Frühgeschichte die Dauerausstellung bereichern. Besonders profitiert die ägyptologische Ausstellung von der Schenkung, da durch die Fülle der Exponate ein neuer Themenschwerpunkt zur altägyptischen Kosmetik und Schönheitspflege entstehen konnte. Hier wird u.a. das aus Sykomorenholz gefertigte Oberteil eines ägyptischen Sargdeckels, schätzungsweise 9.-8. Jh. v. Chr. gezeigt. Darüber hinaus wird auch der berühmte 1795 vom Pariser Goldschmied Aucoc angefertigte Toilettenkasten von Joséphine de Beauharnais, der Gemahlin Napoleons, eines der Gründungsstücke der Wella-Sammlung, im HLMD gezeigt.

Der Graphik-Bestand umfasst nicht nur künstlerische Arbeiten, sondern auch über 300 historische literarische Schriften, Urkunden und Bücher. Diese belegen die Schönheits-, Körper- und Gesundheitspflege in verschiedenen Kulturepochen der letzten Jahrhunderte.

(Danielle Häntschel / Melanie Krüger / Miriam Oesterreich)


Literatur zum Wella-Museum:

Eine Kulturgeschichte der Schönheitspflege – Ausstellungsbegleiter; Wella AG Darmstadt – Unternehmenskommunikation, Darmstadt, 2003

Dokumentierte Geschichte: Museen, Archive und Sammlungen in Darmstadt; Magistrat der Stadt Darmstadt- Presse- und Informationsamt; Darmstadt, 1980

Raritäten & Kuriositäten aus dem Wella-Museum; Wella AG- Museum; ca.1963

Schönheitspflege im Spiegel der Geschichte – Zu Besuch in einem ungewöhnlichen Museum; Fulda: Parzeller & Co, 1972.

Was ist schön? – Bella im Wella-Museum; Wella-Museum. Schwark, Vossen; Berlin, 2006

Wella Museum, Wella AG Darmstadt: Edition Braus im Wachter Verlag GmbH, Heidelberg/Darmstadt, 2003.

Wella-Museum – Eine Kulturgeschichte der Schönheitspflege; Wella AG, Darmstadt, Unternehmenskommunikation. Red.: Andrea Fink, Darmstadt, 2003.

Wella Kunst für das Landesmuseum, Starkenburger Echo, Darmstadt, 05.11.2013

Zu Besuch in einem ungewöhnlichen Museum; Kunze, Georg; Wella-AG, Darmstadt, 1972.

111 Orte in Darmstadt die man gesehen haben muss: Heinemann, Morawietz; aktualisierte Neuauflage; Köln, 2018.

https://www.wella.com/professional/de-DE/family-history#/?_k=w97aoc (Zuletzt abgerufen 05.01.2021)

https://www.hlmd.de/museum/neuerwerbungen-und-schenkungen/kunst-und-kulturgeschichte/wella.html (Zuletzt abgerufen 05.01.2021)

https://www.darmstadt-stadtlexikon.de/s/stroeher-karl.html (Zuletzt abgerufen 05.01.2021)

https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/region-und-hessen/wella-museum-eine-exemplarische-schau-der-schoenheitspflege-1114720.html

https://www.brandslex.de/markenlexikon/cover/p/markenlexikon-procter&gamble (Zuletzt abgerufen 05.01.2021)

https://www.coty.com/our-story (Zuletzt abgerufen 05.01.2021)

https://www.designtagebuch.de/redesign-der-marke-wella/comment-page-1/# (Zuletzt abgerfen 05.01.2021)

file:///C:/Users/danie/AppData/Local/Temp/m46web.pdf (Zuletzt abgerufen 05.01.2021)

William Hogarth: The Five Orders of Perriwigs, 1761.

Toiletten-Garnitur, vergoldete Bronze, Miniaturmalerei, Paris, um 1870.

Oberteil eines bemalten Sargdeckels, Sykomorenholz, stuckiert und bemalt, Ägypten, 9.-8. Jh. v. Chr.: Ausstellungsbegleiter S. 8.

Toilettenkasten der Kaiserin Joséphine de Beauharnais (Gattin Napoleons), Palisander mit Messingeinlagen, Monogramm „J“ und Krone, Paris, 1795