Lehrmittel

Postkartensammlungen und Postkartenprüfungen

Im Nachlass des Kunsthistorikers Georg Friedrich Koch hat sich eine umfangreiche, aus über 1000 Ansichtskarten bestehende Postkartensammlung erhalten. Ähnlich den Großdias waren Postkarten vor dem Einzug des digitalen Bildes als Anschauungsmaterial ein wichtiger Bestandteil der kunsthistorischen wie der architekturgeschichtlichen Lehre. An den Universitäten wurden sie zudem für Prüfungen verwendet. Auch Georg Friedrich Koch setzte sie im Rahmen der Hochschulausbildung ein. So mussten die Prüfungskandidat*innen anhand der ihnen vorgelegten Ansichtskarten die abgebildeten Bauobjekte identifizieren, datieren und vor allem diskutieren.

Wegen des Gebrauchscharakters der Objekte sind derartige Postkartensammlungen selten in wissenschaftlichen Nachlässen überkommen. Der glücklicherweise erhaltene Bestand von Georg Friedrich Koch lässt in seinem heutigen Überlieferungszustand zwar keine alphabetische, chronologische oder topographische Sortierung erkennen – mit Ausnahme zweier durch Gummiringe zusammengehaltene Stapel mit Ansichten zur Barockarchitektur in Rom und zur gotischen Architektur in Frankreich. Es lässt sich jedoch im Überblick feststellen, dass insgesamt der größte Anteil der Postkarten die Renaissance und den Barock in Italien betrifft. Der zweitgrößte Anteil bezieht sich auf Bauwerke in Deutschland vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert. Das europäische Ausland ist überwiegend mit Schlössern und Kirchen vertreten, vor allem aus Dänemark, Frankreich und Österreich.

Die Architektur des 19. Jahrhunderts ist kaum enthalten, bei der Nachkriegsmoderne sieht es interessanterweise besser aus. Die Bandbreite reicht hier vom Stuttgarter Fernsehturm, den Hauptbahnhöfen Aschaffenburg und Heidelberg und der Wiener Stadthalle über Verwaltungsbauten in Paris und Brüssel sowie einer Großgarage in Mailand bis hin zur Würzburger Johanniskirche, die eine Kombination aus gotischem Vorkriegsbestand und Wiederaufbau darstellt. Als Beispiel für den Hochschulbau der 1950er Jahre ist eine Ansicht des neuen Kollegiengebäudes der Universität Freiburg i. Br. erworben worden. Unter den Bildkünsten ist Malerei aus ganz Europa enthalten, allerdings ohne erkennbaren Schwerpunkt. Einige skulpturale Arbeiten runden die Sammlung ab. Es ist erstaunlich, dass antike Architektur so gut wie nicht vertreten ist. Dieser Bestand war vielleicht in einem anderen Zusammenhang gelagert und ging verloren. Möglicherweise klammerte Koch dieses Feld aber auch bewusst aus, da es nicht Teil seiner Lehre war.

(Martin Pozsgai)

Quellen:

Universitätsarchiv Darmstadt, Nachlass Georg Friedrich Koch

Das Fachgebiet Architektur- und Kunstgeschichte verfügt über eine Sammlung von rund 60.000 Glasdias sowie weiteren rund 15.000 Glas- und Zelluloid-Negativen, die in den Nachkriegsjahren großenteils unter dem damaligen Lehrstuhlinhaber Hans Gerhard Evers, neu angelegt wurde. Die alte Diasammlung des Lehrstuhls für Kunstgeschichte ist offenbar vollständig in der sogenannten Darmstädter Brandnacht im September 1944 verbrannt. Vom Umfang her gehört die gesamte nach 1945 zusammengestellte Sammlung zu den größten ihrer Art im deutschsprachigen Raum. Zum Vergleich: Das Institut für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität Berlin besitzt heute noch 57.000 Glasdias, wobei diese Sammlung schon 1890 beginnt. Eine Digitalisierungskampagne der Darmstädter Sammlung ist derzeit in Planung (Stand: Oktober 2021).

Wolzhausen (Hessen), Dorfstraße, Fotograf*in unbekannt, um 1900/1910

Wies, Wallfahrtskirche, Blick in das Gewölbe, fotografiert von Hans Gerhard Evers, 1929

Dyckerhoff-Zementwerk Wiesbaden-Bieberich, Brennofen, 1967/68, Architekt Ernst Neufert

Poitiers, Pont Neuf, fotografiert von Hans Gerhard Evers, 1930

Darmstadt, Ausstellung Mensch und Technik, Telefonapparate, 1952

Amiens, Sicherungen an der Fassade der Kathedrale, fotografiert von Hans Gerhard Evers, 1940

München, Tag der deutschen Kunst, Festzug 1938, Negativ, fotografiert von Hans Gerhard Evers

Diasammlung Hans Gerhard Evers, 1968
Diasammlung Hans Gerhard Evers, 1968

Die Diversität und Modernität der Forschungsinteressen von Evers, spiegeln sich in der Glasdiasammlung wider. So finden wir hier viele Aufnahmen von ägyptischer Baukunst, mittelalterlicher Sakralarchitektur, zeitgenössischer Plastik (so z.B. zum Bildhauer Hermann Hahn, 1868-1945 oder Exkursionsaufnahmen zum Werk Henry Moores), von Werken der Fotografie des 20. Jahrhunderts sowie der Kunst des Historismus. Zudem existieren zahlreiche Bilder von Verkehrs- und Ingenieursbauten, die im Kontext von Evers’ architekturhistorischer Aufarbeitung des 19. Jahrhunderts gesehen werden können und die Frage aufwerfen, inwiefern sich die Lehre Evers’ an einer Technischen Hochschule und seine kunsthistorischen Forschungen sich wechselseitig beeinflussten.

Von besonderem Interesse sind die privaten Originalaufnahmen, die Evers hierzu beisteuerte. Hervorzuheben sind aufgrund ihrer Seltenheit und kulturhistorischen Besonderheit v. a. seine Fotografien aus der Zeit von 1940 bis 1945, als Evers für den Kunstschutz in Belgien, Frankreich und Italien tätig war. Hierbei scheint es sich um private Aufnahmen zu handeln, mit denen Evers über seine Tätigkeit für den Kunstschutz hinaus Schäden an kriegszerstörten Gebäuden dokumentierte und welche deshalb nicht in den einschlägigen Datenbanken von Foto Marburg zu finden sind, in welche die ‚offiziellen‘ Bilder der Kampagne eingespeist wurden. Darüber hinaus fotografierte Evers auch schon auf seinen kunsthistorischen Reisen vor 1940 zahlreiche Bauwerke, die ein wichtiges Dokument für den historischen Bauzustand der Gebäude liefern.

Bei den Nachkriegsabbildungen ist bemerkenswert, dass er, sowie die für ihn tätigen Fotografen, die wichtigen Bauten der lokalen wie überregionalen Nachkriegsmoderne (zum Teil sogar im Bauprozess), festgehalten haben. Hierunter waren auch Bauten, die von Professoren der TH Darmstadt, wie z. B. Ernst Neufert, geplant wurden. Da an den geisteswissenschaftlichen Fakultäten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Fach Kunstgeschichte die Architektur der Nachkriegsmoderne selten Gegenstand der Forschung und Lehre war, besitzt der Darmstädter Bestand diesbezüglich ebenfalls weitgehend ein Alleinstellungsmerkmal und ist von überregionaler dokumentarischer Bedeutung.

Von großem Wert für die wissenschaftliche Forschung dürften die rund 2000 Negative zu Leben und Werk Peter Paul Rubens sein, die Evers zum Teil während seines Aufenthalts in Belgien zwischen 1941 und 1943 selbst anfertigte. Hier ist noch Forschungsarbeit notwendig und deshalb noch nicht abzusehen, inwiefern sich darunter Material verbirgt, welches für die Rubensforschung wichtig ist. (vgl. die seit 1993 im Rubenianum in Antwerpen befindliche Evers Sammlung zu Rubens: https://www.rubenianum.be/en/page/hans-gerhard-evers-collection)

Darüber hinaus befindet sich auch ein größeres Konvolut von Glasdias der zwar bekannten, aber nur unzureichend erforschten Darmstädter Fotografin Susanne Homann (1866-1923) in der Sammlung, die unter der Bezeichnung „Werkstätte für moderne Lichtbildkunst“ zu einem frühen Zeitpunkt professionelle Portrait- und Architekturfotos anfertigte – ein spannendes Thema auch unter dem Aspekt von Gender Studies. Der Bestand ist unikal, da der ursprünglich in der Hessischen Bildstelle archivierte Negativnachlass Homanns ebenfalls im Zweiten Weltkrieg komplett zerstört wurde.

Ein weiteres, universitätsgeschichtlich bedeutsames Konvolut stellen rund 6420 Glasdias dar, die 1947/48 vor Evers’ Berufung vom aufgelösten kunstwissenschaftlichen Institut der Universität Gießen der TH Darmstadt übereignet wurden. Schließlich kaufte Evers zahlreiche Glasdias bei renommierten Anbietern an, in erster Linie beim „Lichtbildverlag Dr. Franz Stoedtner“, „Canis-Foto Heidelberg“, „Foto Marburg“ etc. und ließ u. a. Bildvorlagen reproduzieren. Die digitale Inventarisierung dieser Bilder ist im Hinblick auf das Thema „Architektenausbildung in der Nachkriegszeit an der TH Darmstadt“ von Interesse, weil die Auswahl der Bilder eine wichtige Quelle dafür darstellt, welche Themen in den Vorlesungen und Seminaren behandelt wurden.

Neben der Glasdiasammlung besitzt das Fachgebiet auch eine ähnlich umfangreiche Sammlung an Kleinbilddias, die ebenfalls von Evers und seinen Nachfolgern Georg Friedrich Koch und Wolfgang Liebenwein zusammengetragen und gepflegt wurde.

(Christiane Salge)

Zum Arbeitsbereich Mode & Ästhetik am Institut für Allgemeine Pädagogik und Berufspädagogik der TU-Darmstadt gehört eine etwa 5.500 Kleinbild-Dias umfassende Lehrsammlung. Der Schwerpunkt des digitalisierten Konvolutes liegt in der Darstellung von Mode und Frisuren von der Antike bis in die Moderne in Gemälden und Druckgraphiken. Zu dem Bestand gehören darüber hinaus Dia-Serien, die mit ihren Schritt-für-Schritt-Anleitungen zur Gestaltung von Frisuren wichtige Zeitdokumente darstellen. Ergänzt werden diese durch Abbildungen, die die Geschichte des Friseurhandwerks zum Thema haben sowie sich auf wissenschaftlicher Ebene dem Thema Haar widmen. Die umfangreiche Sammlung setzt sich aus diversen Quellen zusammen und bildet in ihrer Gesamtheit den Wandel in der Mode und den Frisuren im Laufe der Zeit ab. Die Sammlung wurde zu großen Teilen von Hans Lehmberg zusammengetragen.

Die Sammlung ist über die Bilddatenbank prometheus erreichbar. Zur Nutzung dieser Datenbank ist eine Anmeldung erforderlich. Der Titel der Sammlung in der Datenbank lautet: Sammlung Mode & Ästhetik, Technische Universität Darmstadt, Institut für Allgemeine Pädagogik und Berufspädagogik, Arbeitsbereich Mode & Ästhetik, Technische Universität Darmstadt.

Modische Farbeffekte, Friseurhaube, Wärmehaube; rotes Licht,

Haarspitzen (geschnitten) (aus der Dia-Serie "Zur Struktur des Menschenhaares"), 1970

Schnitte am Haarschaft (aus der Dia-Serie "Zur Struktur des Menschenhaares"), 1970

Spliss (aus der Dia-Serie "Zur Struktur des Menschenhaares"), 1970