Welche Rolle spielte Kunstgeschichte innerhalb der TU Darmstadt in den vergangenen 150 Jahren? Welche Schnittmengen und Kooperationen gab es mit anderen Lehrstühlen und Professuren? Welche Kontakte bestanden zu anderen Hochschulen und kunsthistorischen Instituten? Welche Bezüge gab es zur Stadt und ihren Kunstinstitutionen? Diesen und weiteren Fragen widmen sich die zehn etwa 20-minütigen Symposiumsbeiträge. Ein besonderer zeitlicher Schwerpunkt wird dabei auf dem mittleren 20. Jahrhundert liegen.

Online-Symposium am 29. Januar 2021

An der Technischen Universität Darmstadt blickt die Kunstgeschichte auf eine 150-jährige Geschichte zurück. 1869 wurde mit der Gründung der Polytechnischen Schule ein kunsthistorischer Lehrstuhl eingerichtet, der erste in Hessen, der seitdem dem Fachbereich Architektur angehört. Seine inhaltliche Ausgestaltung unterlag stetem Wandel und die Übergänge zwischen Kunstgeschichte, Baugeschichte und historisch informierter Entwurfslehre waren mitunter fließend. Seit den 1970er-Jahren erweitern eigenständige Professuren für klassische Archäologie und Baugeschichte/Bauforschung (später: Architekturtheorie) das Spektrum ‚historischer Grundlagen‘ am Fachbereich Architektur. Ebenfalls um 1970 bildete sich ein zweites Standbein für die Kunstgeschichte innerhalb der Hochschule heraus, um das neu eingeführte Studium für Gewerbelehrer*innen im chemisch-technischen Bereich (heute: BA-Studiengang Körperpflege) durch historische und ästhetische Inhalte zu ergänzen. Die Einrichtung einer Wella-Stiftungsdozentur (ab 1990) und -professur (ab 2007) ebnete hier den Weg für die seit 2016 bestehende reguläre Professur für Mode und Ästhetik.

Dieses Symposium beschließt das einjährige Forschungsprojekt „150 Jahre Kunstgeschichte an der TU Darmstadt“. In seinem Rahmen werden Projektergebnisse vorgestellt und durch externe Beiträge erweitert und ergänzt. Das Leitthema des Symposiums lautet „zwischen Enklave und Vernetzung“. Als Geisteswissenschaft an einer Technischen Universität hat die Kunstgeschichte einen Sonderstatus, sie oszilliert zwischen eigenständiger Disziplin und Hilfswissenschaft. Die beiden heutigen kunsthistorischen Professuren der TU Darmstadt bilden zudem kein gemeinsames Institut, sondern gehören ganz unterschiedlichen Fachbereichen an. Der Begriff der ‚kunsthistorischen Enklave‘ trifft also gleich in zweifacher Hinsicht zu. Gerade deshalb, so die These des Symposiums, ist die Untersuchung von Netzwerken, Kooperationen und Kontexten von besonderem Interesse.

Tagungsbericht auf ArtHist.net von Lisa Pregitzer

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Programm:

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Einführung

Christiane Salge/Lisa Beißwanger

Darmstadt oder Gießen? Hugo von Ritgen und die Entwicklung der Architektur und Kunstgeschichte an höheren Lehranstalten in Mittelhessen

Yvonne Rickert (Marburg)

Ottilie Rady, die erste habilitierte Kunsthistorikerin in Deutschland

Christiane Salge (Darmstadt)

- Pause -

Oskar Schürer – Kunst & Politik & Wissenschaft, oder: Die Bedingtheit kunsthistorischer Arbeit

Christian Fuhrmeister (München)

„…nicht nur als Lehrstuhl“ – zur Konzentration der Kunstgeschichte in Darmstadt nach 1945

Sigrid Ruby (Gießen)

Das fotografische Sehen – Evers' Architekturfotografie in den 1950er und 1960er Jahren

Frederike Lausch (Aachen)

- Mittagspause -

Zwischen Hochschule, Kunstinstitutionen und Stadtverwaltung – Hans Gerhard Evers und die Darmstädter Gespräche

Lisa Beißwanger (Darmstadt)

Karl Gruber – Idealistische Architekturgeschichte als moralisches Wertesystem

Hauke Horn (Darmstadt)

Rolf Romero – Wege zum Entwerfen – das didaktische Konzept

Andreas Romero (Gauting)

- Pause -

Kunstgeschichte und Hochschulpolitik um 1968

Martin Papenbrock (Karlsruhe)

Mode und Ästhetik – Kunst- und Kulturwissenschaftliche Perspektiven

Alexandra Karentzos (Darmstadt)

Abschlussdiskussion

Kurzbiografien

Lisa Beißwanger ist seit Februar 2020 Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Postdoc) im Fachgebiet Architektur- und Kunstgeschichte sowie im Fachgebiet Architekturtheorie und -wissenschaft am Fachbereich Architektur der TU Darmstadt. Nach dem Studium der Kunstgeschichte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg arbeitete sie mehrere Jahre als kuratorische Volontärin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Villa Merkel, Galerien der Stadt Esslingen am Neckar und an der Schirn Kunsthalle Frankfurt. Anschließend war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kunstpädagogik der Justus-Liebig-Universität Gießen. Neben umfangreicher Lehrtätigkeit verfasste sie dort ihre Dissertation „Performance on Display“, die sich mit ‚lebendiger Kunst‘ in US-amerikanischen Museen der 1970er-Jahre befasst, die sie 2020 abschloss.

Christian Fuhrmeister studierte Anglistik, Kunst und Kunstgeschichte in Oldenburg, Hamburg und Towson/Baltimore, promovierte 1998 in Hamburg, absolvierte 2000-2002 ein Volontariat am Sprengel Museum Hannover, leitete von 2002-2003 die Geschäftsstelle des Departments Kunstwissenschaften der LMU München und ist seit 2003 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Kunstgeschichte. 2013 habilitierte er sich an der LMU München und wurde zum Privatdozenten ernannt, 2020 zum apl. Professor. Im Fokus von Forschung und Lehre stehen Kunst, Architektur und Geschichte der Kunstgeschichte (19.-21. Jhd.). Neben den Voraussetzungen, Bedingungen und Möglichkeiten der Produktion, Distribution und Rezeption von Kunst im ‚Betriebssystem Kunst‘ beschäftigt er sich auch mit Provenienzforschung, Raub- und Beutekunst, Kunst im Nationalsozialismus und transnationalem Kulturguttransfer.

PD Dr. Dr. Hauke Horn studierte Architektur, Kunstgeschichte, Klass. Archäologie und Philosophie in Münster, Darmstadt und Mainz. Promotionen in Kunstgeschichte (Dr. phil.) 2012 und Architektur (Dr.-Ing.) 2015 mit preisgekrönten Arbeiten zur mittelalterlichen Architektur und Erinnerungskultur. 2020 habilitierte er am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenshaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Venia Legendi für „Kunst- und Achitekturgeschichte“. Horn lehrte und forschte an Universitäten in Braunschweig, Kaiserslautern, Las Palmas de Gran Canaria, Mainz und Straßburg. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter (Postdoc) im Fachgebiet Architektur- und Kunstgeschichte war er von September 2019 bis April 2021 an der TU Darmstadt tätig, aktuell ist er Privatdozent am Institut für Kunstgeschichte der Universität Mainz. Er promovierte 2012 in Kunstgeschichte (Dr. phil.) und 2015 in Architektur (Dr.-Ing.) mit preisgekrönten Arbeiten zur mittelalterlichen Architektur und Erinnerungskultur.. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der Architektur- und Stadtbaugeschichte, vor allem des Mittelalters und des 20./21. Jahrhunderts, Architektur und visueller Kommunikation, materieller Erinnerungskultur, Unternehmensarchitektur und Bautechnikgeschichte.

Prof. Dr. Alexandra Karentzos ist Professorin für Mode und Ästhetik an der Technischen Universität Darmstadt. Zuvor war sie Juniorprofessorin für Kunstgeschichte an der Universität Trier und wissenschaftliche Assistentin bei den Staatlichen Museen zu Berlin. Sie war Fellow in der Forschungsgruppe »No Laughing Matter. Visual Humor in Ideas of Race, Nationality, and Ethnicity« am Dartmouth College, Hanover/USA und am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald sowie Gastwissenschaftlerin am Institut für Kunstgeschichte an der Universidade Federal de São Paulo/Brasilien. Sie ist Mitbegründerin und Mitherausgeberin der Zeitschrift »Querformat. Zeitgenössisches, Kunst, Populärkultur«. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Kunst seit dem 19. Jahrhundert, Ironie und Postkolonialismus, Orientalismen, Gender Studies, Systemtheorie, Kunst und Tourismus sowie Antikenrezeptionen.

Frederike Lausch, Dr. phil., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehr- und Forschungsgebiet Architektur- und Kunstgschichte. Davor forschte und lehrte sie am Lher und Forschungegebiet Architekturheorie der RWTH Aachen, am Kunstgeschichtlichen Institut (…) sowie am Fachbereich Architektur der TU Darmstadt von 2018-2019, außerdem als Projektkoordinatorin des Center for Critical Studies in Architecture (2017–2019). 2019 erhielt sie ein Fellowship der Wüstenrot Stiftung für das Forschungs- und Buchprojekt „Faschismus und Architektur. Max Bächers Auseinandersetzung mit Albert Speer“. Sie promovierte an der Goethe-Universität zu Übersetzungsprozessen zwischen der Philosophie Gilles Deleuzes und dem US-amerikanischen Architekturdiskurs der Anyone Corporation in den 1990er Jahren (2014–2019). Zuvor studierte sie Architektur an der Bauhaus-Universität Weimar mit einem einjährigen Erasmus-Aufenthalt an der Middle-East-Technical-University in Ankara. Ihre Forschungen konzentrieren sich auf das Verhältnis von Architektur zu Politik und Philosophie im 20. und 21. Jahrhundert.

Martin Papenbrock, apl. Professor am Institut für Kunst- und Baugeschichte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Promotion 1991 an der Universität Osnabrück (bei Jutta Held) mit einer Dissertation über Funktionen christlicher Ikonographie in der Kunst der frühen Nachkriegszeit (1945-49), Habilitation 1999 mit einer Arbeit über die Kunst der niederländischen Glaubensflüchtlinge im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert (erschienen als Landschaften des Exils. Gillis van Coninxloo und die Frankenthaler Maler, Köln 2001). Forschungsschwerpunkte: Niederländische Malerei der frühen Neuzeit, Kunst und Politik im 20. Jahrhundert (Nationalsozialismus, Exil, Studentenbewegung), Urban Art (Kunst im städtischen Raum, Graffiti, Kreative Interventionen, Aktivismus), Theorie- und Fachgeschichte der neueren Kunstwissenschaft, Digitale Kunstgeschichte. Vorsitzender der Guernica-Gesellschaft e.V., Vorstandsmitglied der Stiftung Kritische Kunst- und Kulturwissenschaften und Mitherausgeber des Jahrbuchs Kunst und Politik. Aktuelle Projekte: Informationssystem Graffiti in Deutschland (INGRID), zusammen mit Doris Tophinke (Universität Paderborn); Nachlass Myra Warhaftig. Emanzipatorisches Wohnen und Architektur im Exil.

Yvonne Rickert studierte 2000-2007 Kunstgeschichte und Französische Literaturwissenschaft in Hamburg und Lyon. Von 2007-2008 war sie Promotionsstipendiatin am Deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris; im Jahr 2009 erhielt sie ein Stipendium des DAAD. 2015 wurde sie bei Prof. Dr. Katharina Krause und Prof. Dr. Ulrich Schütte an der Philipps-Universität Marburg im Fachgebiet Kunstwissenschaften promoviert. Die Arbeit erschien 2018: Herrscherbild im Widerstreit. Die Place Louis XV in Paris: ein Königsplatz im Zeitalter der Aufklärung (Studien zur Kunstgeschichte, Bd. 209), Hildesheim, Zürich, New York 2018. Werkverträge mit Prof. Dr. Sigrid Ruby (Justus-Liebig-Universität Gießen) und mit Prof. Nikolaus Zieske (Technische Hochschule Mittelhessen) ermöglichten 2018/2019 erste Forschungen zu Hugo von Ritgen. Zu den Forschungsschwerpunkten zählen: Königsplätze und Urbanistik im Ancien Régime, Herrscherbild, Politische Ikonographie, Französische Architektur und Skulptur des 18. Jahrhunderts, Druckgraphik, Kunst des 19. Jahrhunderts, Hugo von Ritgen.

Dr.-Ing. Andreas Romero studierte Architektur und Stadtplanung in Berlin und Darmstadt und promovierte 1987 an der TU München über Karl Gruber. Zu Gruber erschien 1990 die Biografie „Baugeschichte als Auftrag“. Romero ist Architekt und Stadtplaner, Mitglied der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung (SRL) sowie der Bayerischen Architektenkammer (ByAK). Er ist Korrespondierendes Mitglied der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL), Mitglied im Umlegungsausschusses der Landeshauptstadt München und im „Wessobrunner Kreis“.

Prof. Dr. Sigrid Ruby ist seit 2016 Professorin für Neuere und Neueste Kunstgeschichte an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Von 2014-2016 hielt sie den Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Universität des Saarlands in Saarbrücken inne. Zu ihren Schwerpunkten in Forschung und Lehre gehören die französische Hofkunst der Renaissance und die US-amerikanische Kunstgeschichte, Porträtkultur und Gender Studies. Aktuell ist Sigrid Ruby mit einem Teilprojekt im SFB/TRR 138 „Dynamiken der Sicherheit“ beteiligt, das die Bedeutung des Hauses für die (Un-)Sicherheit der Geschlechter und Strategien der bildmedialen Domestizierung der Frau untersucht. Ein weiteres DFG-finanziertes Forschungsprojekt widmet sich der amerikanischen Surrealistin Kay Sage (1898-1963) und dem Verständnis des „amerikanischen Traums“ im Horizont surrealistischer Praktiken und Ästhetiken in den 1940er und 1950er Jahren. Die Aufarbeitung der Geschichte der universitären Kunstgeschichte in Gießen seit Hugo von Ritgen ist ein Vorhaben, das Sigrid Ruby zurzeit in kollegialer Kooperation mit dem FB Bauwesen an der THM (Niko Zieske, Ulrike Wassermann) betreibt.

Prof. Dr. Christiane Salge ist Kunst- und Architekturhistorikerin. Von 2003 bis 2012 war sie Juniorprofessorin an der Freien Universität Berlin und im Anschluss Projektleiterin des DFG-Projekts »Baukunst und Wissenschaft – Architektenausbildung um 1800 am Beispiel der Berliner Bauakademie«. Seit 2017 arbeitet sie als Professorin für Architektur- und Kunstgeschichte am Fachbereich Architektur der Technischen Universität Darmstadt.

Eine Veranstaltung des Fachgebiets Architektur- und Kunstgeschichte, Fachbereich Architektur, Technische Universität Darmstadt, in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsbereich für Mode und Ästhetik, Fachbereich Humanwissenschaften, Technische Universität Darmstadt.

Konzept und Durchführung: Prof. Dr. Christiane Salge / Lisa Beißwanger

Kontakt: Lisa Beißwanger