In der Diathek des Fachgebiets Architektur- und Kunstgeschichte am Fachbereich Architektur der Technischen Universität Darmstadt befinden sich rund 60.000 Glasdiapositive, die als Lehrmittel für die Ausbildung der Architekten und Architektinnen in der frühen Nachkriegsmoderne eingesetzt wurden. Die Sammlung ist sowohl aus wissenschaftsgeschichtlicher als auch aus medienhistorischer, fototheoretischer und kulturpolitischer Perspektive von großem Wert und wird im Projekt wissenschaftlich erschlossen, digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die Glasdiasammlung setzt sich vor allem aus drei verschiedenen Konvoluten zusammen: Eine maßgeblich von Hans Gerhard Evers (1900–1993) – dem Lehrstuhlinhaber für Kunstgeschichte in Darmstadt zwischen den Jahren 1950 und 1968 – zusammengetragene Sammlung; eine Gruppe von Dias, die Evers aus seinem eigenen Bestand nach Darmstadt mitbrachte und die Glasdiasammlung des kunsthistorischen Instituts der Universität Gießen, die nach dessen Auflösung 1947 in die Diathek gelangte.
Im Gegensatz zur heutigen digitalen Bildwelt, die weltweit identisch abrufbar ist, führt die Darmstädter Sammlung eindrucksvoll einen wertvollen lokalen Sammlungscharakter vor. Deren bisherige Aufarbeitung seit dem Projektstart im April 2023 bringt eine äußerst heterogene Autorschaft zum Vorschein. Die Aufnahmen stammen von einer Vielzahl von Fotografinnen und Fotografen, aus Publikationen, von Postkarten und diversen Lichtbildverlagen. Da die Glasdiasammlung in Darmstadt als Lehrmittel für die Ausbildung der Architekten und Architektinnen angelegt wurde, umfasst ein sehr großer Teil die Architekturgeschichte aus fast allen Epochen. Die Finanzierung des „Glasdiaprojekt Kunstgeschichte" erfolgt durch QSL-Mittel der Technischen Universität Darmstadt, der Sparkasse Darmstadt und der Vereinigung von Freunden der Technischen Universität zu Darmstadt e.V.
Projektpartner
Universitäts- und Landesbibliothek, Technische Universität Darmstadt
Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg, Philipps-Universität Marburg
Seit dem Projektstart im April 2023 konnten wir bereits über 12.000 Glasdias (Stand: Januar 2024) erfassen und digitalisieren. Die Aufnahmen sind einer Vielzahl von Fotografen und Fotografinnen zuzuschreiben, darunter finden sich auch Lichtbildverlage wie Dr. Franz Stoedtner oder der weniger bekannten Darmstädter Architkturfotografin Susanne Homann, die bislang kaum erforscht ist. Insbesondere das Konvolut, das der langjährige Lehrstuhlinhaber Hans Gerhard Evers in den 1950er- und 1960er-Jahren für Darmstadt aufgebaut hat, ist aus fotogeschichtlicher wie kulturpolitischer Perspektive interessant und findet sich in diesem Umfang in keiner anderen Sammlung. Evers befasste sich im Laufe seiner langen Karriere als Literaturhistoriker, Ägyptologe und Kunsthistoriker dezidiert mit fototheoretischen und -ästhetischen Fragestellungen und hat seine eigene architekturfotografische Praxis in mehreren Aufsätzen thematisiert. Im Bestand des Fachgebiets befindet sich bis heute auch seine umfangreiche Sammlung an Negativen, die teilweise auch als Glasdias reproduziert wurden. Neben Evers’ technisch- und ästhetisch-fotografischem Können, das an zahlreichen Dias in der Sammlung nachzuvollziehen ist, ist aus heutiger Perspektive auch der Entstehungskontext sowie der historische Rahmen der Aufnahmen von Interesse: Evers brachte in die Sammlung der Positive und Negative auch seine Aufnahmen aus den 1920er-, 1930er- und 1940er-Jahren mit ein, die heute ein Zeugnis der politischen Ereignisse und Verwerfungen dieser Zeit darstellen.
Die Ausstellung, die im Gebäude des Fachbereichs Architektur der TU Darmstadt gezeigt wird, entstand im Rahmen eines Bachelorseminars im aktuellen Wintersemester 2023/24. Darin befragten die Studierenden die Systematik der Glasdias in der Sammlung, den architektonischen und kunsthistorischen Kanon, der sich darin abbildet, architekturfotografische Strategien und Praktiken sowie technische und theoretische Aspekte des Fotografischen. Ziel war es, eine Ausstellung zu erarbeiten, die die Geschichte der Sammlung, die Technikgeschichte des Mediums, das Glasdia als Lehrmittel sowie die Fotografie als Medium in der kuratorischen Praxis fokussiert. Seminarleitung: Dr. des. Elena Skarke / Fachgebiet Architektur- und Kunstgeschichte