Der Fachbereich Architektur trauert um Mohamed Scharabi
Ein Nachruf
06.12.2021
Prof. Dr.-Ing. Mohamed Scharabi ist am 17.11.2021 nach langer Krankheit im Alter von 83 Jahren verstorben. Er hat mit seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit den Fachbereich von 1968 bis 1994 bereichert.
1938 in Kairo geboren kam Mohamed Scharabi 1957 nach Deutschland, diplomierte 1963 an der TU Berlin bei Peter Poelzig. 1964 bis 1966 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Baugeschichte von Prof. Ernst Heinrich an der TU Berlin. 1968 wurde ihm die Doktorwürde an der TU Berlin verliehen. Ab 1968 war er zunächst Wissenschaftlicher Assistent, dann Akademischer Rat, von 1979 an Oberrat am Fachgebiet für Baugeschichte und Grundlagen des Entwerfens der TU Darmstadt. Seine Forschung und Lehre hatte die Architektur und Stadtbaugeschichte Mitteleuropas des 19. und 20. Jahrhunderts sowie des Nahen Ostens zum Gegenstand. 1969 leitete er im Rahmen der von der UNESCO unterstützten deutschen Nubien-Untersuchung die Grabung einer frühchristlichen Burg in Kulb/Sudan. 1981 erfolgte dann seine Habilitation an der TU Darmstadt.
Mohamed Scharabi war als Mitglied der Architektenkammer Hessen weit über die nationalen Grenzen sichtbar. Seine internationale Tätigkeit als Architekt und Stadtplaner führte ihn von 1966-1968 nach Kuwait, wo er mit der Sanierung der Altstadt befasst war, von 1972-1984 beriet er die Regierung in Saudi-Arabien und von 1985 an war er im Auftrag des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der BRD tätig und begleitete Projekte der deutschen Kulturhilfe im Nahen Osten, zuletzt 1992 die Restaurierung des durch Bürgerkrieg zerstörten Bazars Khan al Khayyatin in Tripolis/Libanon. In den 1970er und 1980er Jahren plante er als Gesellschafter des Büros d+p in Karlsruhe eine Vielzahl von Projekten für Saudi-Arabien, bspw. ein Civic-Center in Jeddah, Hotelbauten in Jeddah, Mekka und Riyadh sowie die Neugründung der Kleinstadt Jobail.
Mit seiner Forschung zu traditionellen Stadt- und Handelszentren im Nahen Osten hat sich Mohamed Scharabi als Mitglied des International Council on Monuments and Sites (Icomos) und der Koldewey-Gesellschaft, Vereinigung für baugeschichtliche Forschung e.V. eindrucksvoll positioniert. Als ruhiger Beobachter und kluger Denker zwischen den Welten hat er mit seiner Forschung schon früh Fragen des postkolonialen Städtebaus und der Weiterentwicklung baukulturellen Erbes adressiert. Mohamed Scharabi hat an der TU Darmstadt von 1981-1986 ein DFG Projekt geleitet, das die Frage nach dem Einfluss europäischer Konzepte auf Städtebau und Architektur im Nahen Osten kritisch hinterfragt hat: „Kairo. Stadt und Architektur im Zeitalter des europäischen Kolonialismus“ basierte auf der differenzierten Analyse des Stadtgrundrisses und von mehr als 400 Bauten in Kairo, doch es ging nicht nur um städtebauliche, sondern auch um gesellschaftspolitische Fragen. Die Aktualität seiner Forschung ist daher ungebrochen.
Der Fachbereich Architektur wird ihm ein ehrendes Gedenken bewahren.
Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.