Kirchenräume „weiter“ nutzen

Studierende des Fachbereichs mit dem BDA Studienpreis des BDA Darmstadt ausgezeichnet – Ausstellung im INTEF

20.03.2023

Der BDA Darmstadt vergibt zum vierten Mal den hessenweit ausgelobten Studienpreis des BDA Hessen, der als Wettbewerb ausgeschrieben wurde. Der Wettbewerb richtete sich an die Studierenden beider Darmstädter Architekturfakultäten, der Technischen Universität Darmstadt sowie der Hochschule Darmstadt.

Im Rahmen eines Stegreifentwurfs war für das Kirchengebäude der Friedensgemeinde in Darmstadt ein Konzept zu erarbeiten, das in den Räumlichkeiten eine multifunktionale Nutzung etabliert. Ziel einer solchen Nutzung sollte es sein, Räume der Glaubensgemeinschaft nun in Räume der Quartiersgemeinschaft zu transformieren, wobei der Gemeinschaftsbegriff offen und weitläufig zu sehen war.

Die Jurysitzung fand am 7. März 2023 statt. Die Jury überzeugte die gute Qualität und das hohe Niveau der Ausarbeitung der 17 eingereichten Projekte. Nach eingehender Diskussion und Beratung entschieden die Jurymitglieder fünf Preise zu vergeben:

Hochschule Darmstadt
Raimund Luck – Licht und Luft (Preisgeld: 600 Euro)
Marlene Grün und Friederick Kubin – Raum im Wandel (200 Euro)
Balthasar Haag (200 Euro)

Technische Universität Darmstadt
Daniel Buck – Kokon (500 Euro)
Sebastian Schäfer – Haus Gottes (500 Euro)

Der BDA Darmstadt bedankt sich herzlich bei allen Teilnehmenden, ihren Lehrenden sowie bei Prof. Anke Mensing und bei Prof. Felix Waechter für die Organisation und gratuliert den Preisträgerinnen und Preisträger des Studienpreises 2022.

Die offizielle Preisübergabe fand am 16. März 2023 um 18 Uhr im INTEF am Friedensplatz 11 in Darmstadt, statt. Die prämierten Arbeiten sind dort noch bis zum 31. März 2023 in einer Ausstellung zu sehen.

Die Jury gehörten an:

  • Hanna-Lena Neuser, Akademiedirektorin der evangelischen Akademie, Frankfurt a. M.
  • Sven Sabary, Dipl.-Ing. Dipl.-Theol., Ev. Dekanat Darmstadt
  • Katharina Rauh, Stadtplanerin SRL BDA, prosa, Darmstadt
  • Christian Holl, Landessekretär des BDA Hessen
  • Karim Scharabi, Netzwerk Architekten, Darmstadt

Hintergrund

Der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten BDA Hessen e.V. lobt jährlich den BDA Studienpreis aus. Dieser Preis ist ein Förderpreis für den Architekt*innennachwuchs und bietet jungen Studierenden die Möglichkeit, sich zu profilieren und zu positionieren. Der regional in den einzelnen Gruppen des BDA Hessen organisierte Studienpreis richtet sich an die jeweiligen Architekturfakultäten in Frankfurt, Wiesbaden, Darmstadt, Kassel und Mittelhessen. Mit der Auslobung dieses Studienpreises verweist der BDA auf die Verantwortung der Architekt*innenausbildung als Grundlage für die künftige Qualität der gebauten Umwelt. Die kulturelle Bedeutung des Planen und Bauens soll bewusst gemacht werden.

Ausgezeichnete Projekte der TU Darmstadt

Daniel Buck – Kokon

Im Rahmen der Umnutzung der ehemaligen Kirche der Friedensgemeinschaft Darmstadt entsteht ein zentraler Treffpunkt für Anwohner, Arbeitende und Studierende.

Im Inneren des Saals wird ein Mehrzweckraum durch deckenhohe Schiebe- und Drehtüren sowie transluzenten Vorhängen definiert. Dieser kann nach Bedarf in einzelne Richtungen geöffnet werden, sodass Empore und ehemaliger Altar ebenfalls in Verbindung mit dem Raum genutzt werden können. Der Zwischenraum zwischen den neuen und den alten Wänden sowie der Dachstuhl dienen als thermische und akustische Pufferzone. Dadurch wird zum einen der Energiebedarf deutlich gesenkt. Zum anderen kann der Raum für besonders laute Veranstaltungen genutzt werden, aber auch für jene, die möglichst viel Ruhe benötigen.

Die im Sinne der Kirchenarchitektur gestalteten Bänke werden beweglich gemacht, sodass sie auf dem Vorplatz sowie im Innenraum als Sitzmöbel genutzt werden können. Der ehemalige Eingangsbereich wird zur Außentheke, die auch die neue Quartiersterrasse bedient.

Daniel Buck – Kokon

Daniel Buck – Kokon

Daniel Buck – Kokon

Juryurteil
Ein simpler räumlicher Eingriff – ein raumhoher Vorhangschleier als Raum – genügt, um die Kirche als Plafond und Umgebung unterschiedlichster Veranstaltungen nutzbar zu machen. Mit minimalistischen Mitteln schafft der Kokon das dialogische Angebot von „Saal und Foyer“, „Zusammenkunft und Pause“, „Vortrag und Ausstellung“ usf.

Ein Cafébereich wird im Eingangsbereich unter und auf der Empore eingerichtet und ermöglicht an der Schnittstelle zum öffentlichen Raum seine sowohl eigenständige, als auch den Betrieb des Kirchenraums ergänzende bzw. aufschließende Nutzung.

Sebastian Schäfer – Haus Gottes

Die Friedenskirche an der Hügelstraße soll zu einem Ort für sozial bedürftige Menschen werden. Dazu wird innerhalb des ehemaligen Kirchensaals eine Zwischendecke gezogen, die die Suppenküche im Erdgeschoss von dem „Tafelsaal“  im Obergeschoss räumlich trennt. Dabei kann der Tafelsaal auch für andere große temporäre Veranstaltungen genutzt werden.

Das bewusste nach „oben“ schreiten soll den Bedürftigen einen Raum des Aufmunterns schaffen. Der ehemalige Glockenturm erhält eine direkte Verbindung zum Tafelsaal und soll dem Gast durch seine öffentliche Begehbarkeit im selben Gedanken einen Ausblick verschaffen. Neben dem Kirchensaal sollen Werkstatthof und Workshop-Räume den Gast weitere Perspektiven ermöglichen und zum gemeinsamen Schaffen animieren.

Südlich öffnet sich die Friedenskirche ebenfalls. Direkt an der Hügelstraße befindet sich der Außenbereich der Suppenküche, der ebenfalls auch als Cafe genutzt werden kann.

Im nördlichen Gebäude soll ein Studierendenwohnheim entstehen, das einen ehrenamtlichen und gemeinschaftlichen Selbstversorgergarten pflegt, dessen Überschüsse ebenfalls an die Tafel gehen.

Sebastian Schäfer – Tafelsaal

Sebastian Schäfer – Tafelsaal

Sebastian Schäfer – Tafelsaal

Juryurteil

Die Arbeit überzeugt durch zwei unmissverständliche Aussagen. Inhaltlich und funktional wird die Kirche als Ort sozialer Verantwortung positioniert, mit Suppenküche und Tafel soll sich der Raum nun an Menschen wenden, die von Armut betroffen sind. Zudem wird die Möglichkeit der Begegnung geschaffen. Zum anderen wird mit der räumlichen Intervention einer neuen Decke über fast den gesamten Kirchenraum der Raum neu strukturiert. Aus dem Bestand ergeben sich plausibel die wenigen Stellen, an die gesamte Raumhöhe erlebbar bleibt: In den Seitennischen und am Altarraum.

Weitere Informationen über den Preis