Zukunftsweisend, mutig, nachhaltig
Kurt-Ruths-Preis 2024 geht an Dr.-Ing. Andrea Rossi
08.07.2024 von cst
Der mit 12.000 Euro dotierte Kurt-Ruths-Preis geht in diesem Jahr an den italienischen Architekturforscher Dr.-Ing. Andrea Rossi, der am Fachbereich Architektur der TU Darmstadt promoviert hat. Mit dem Preis wird Rossis Dissertation zu computerbasierten Entwurfsmethoden und Software-Werkzeugen gewürdigt, mit deren Hilfe sich Gebäude bereits von der Planung an nachhaltiger entwerfen lassen.
Schon länger befassen sich Forschende damit, Wege für nachhaltiges und klimaschonendes Bauen zu finden. Ein Ansatz besteht darin, Bauteile und Materialien mehrmals zu verwenden oder sie zu recyclen und so dem Wertstoffkreislauf wieder zuzuführen. Mit Modulen, also vorgefertigten Bauelementen, lassen sich bereits heute nachhaltigere Gebäude realisieren.
Der diesjährige Kurt-Ruths-Preisträger ging noch einen Schritt weiter: In seiner Doktorarbeit untersuchte er, ob es möglich ist, die Module noch kleinteiliger zu gestalten, so dass die vorgefertigten Elemente nicht mehr aus Raumeinheiten wie etwa Decken, Wände oder Böden bestehen. Stattdessen werden sie aus reversibel gefügten Einheiten zusammengesetzt, die erst durch ihre Einbauposition und den Kontext eine Funktion erhalten.
„Diese Herangehensweise vergrößert die Chancen einer zukünftigen Wiederverwendung und damit auf ein ressourcenschonendes Bauen“, sagt Professor Oliver Tessmann vom Fachgebiet Digital Design Unit des Fachgebiets Architektur der TU Darmstadt, der die Dissertation betreut hat. „Modularisierung und Vorfertigung von Bauteilen können eine Bauwende hin zu weniger Ressourcenverbrauch und CO2-Emissionen vorantreiben.“ Algorithmische Werkzeuge zum Entwerfen, Planen und Umsetzen neuer innovativer modularer Konstruktionen seien dabei ein wichtiger Schritt.
Prozess des Entwerfens verändert
Rossi hat für seinen Ansatz eigene computerbasierte Entwurfsmethoden und Werkzeuge entwickelt. Die Software des von ihm erstellten digitalen „Werkzeugkastens“ für Architekt:innen und Ingenieur:innen übertrug er dabei auf eine öffentlich zugängliche Online-Plattform. „Vorbildlich und mutig“ bewertet Tessmann diese Vorgehensweise. „Die Veröffentlichung des Programmcodes bereits während der Entwicklung ist ein für die Wissenschaft richtiger Umgang mit Forschungsdaten, birgt aber auch die Gefahr, dass Ideen und Konzepte ohne korrekte Quellenangabe übernommen werden.“ Rossis Kalkül ging auf, seine Entwicklungsarbeit konnte durch Feedback und Ideen von außen stark profitieren. Um seine Software, die bereits von vielen Einrichtungen genutzt wird, ist mittlerweile eine große Wissenschaftscommunity entstanden.
Dies würdigte auch die Jury des Ruths-Preises. Rossis Forschung leiste einen ganz wichtigen Beitrag zum nachhaltige(re)n Bauen, denn sein Open Source Software-Modul verändere den Prozess des Entwerfens – in einer Art und Weise, die zu mehr Recycling, und damit zu mehr Nachhaltigkeit führe.
Der Preisträger
Dr.-Ing. Andrea Rossi hat in Mailand und Dessau Architektur studiert. Danach arbeitete er zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Architekturbüro Coop Himmelb(l)au und an der ETH Zürich, ehe er – ebenfalls als wissenschaftlicher Mitarbeiter – an die TU Darmstadt wechselte. Seine Forschungsarbeit setzte er an der Universität Kassel fort. 2023 schloss er seine Dissertation „Mediated Assemblies – An Open Source Software Approach to Combinatorial Design and Fabrication“ mit Auszeichnung an der TU Darmstadt ab. Seit seiner Promotion arbeitet Rossi als Postdoc an der Universität Kassel sowie als Berater im Bereich Open-Source-Software für Architektur.
Kurt-Ruths-Preis
Der seit 1989 jährlich verliehene Kurt-Ruths-Preis ist mit 12.000 Euro dotiert. Er würdigt herausragende wissenschaftliche Leistungen aus den Fachbereichen Architektur, Bau- und Umweltingenieurwissenschaften sowie Chemie und wird an Early-Career-Forschende der TU Darmstadt verliehen, die sich durch herausragende Dissertationen ausgezeichnet haben. Der Preis geht zurück auf Kurt Ruths, den langjährigen Sprecher der Geschäftsführung der Braas-Gruppe.