Wohnen als zentrale Herausforderung der Architektur
Rückblick auf die Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Martino Tattara
27.01.2025

Dekan Felix Waechter hob in seiner Begrüßung die Bedeutung des Wohnens als Kernaufgabe der Architektur hervor: „Die Wohnung ist der Mittelpunkt des Lebens, ein Ort der Geborgenheit und der Arbeit, aber auch ein Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen.“ Er sprach aktuelle Herausforderungen an, wie den Mangel an bezahlbarem Wohnraum, die Notwendigkeit neuer Wohnformen für eine alternde Gesellschaft und die zunehmende Verschmelzung von Wohnen und Arbeiten. Felix Waechter betonte zudem die drängende Aufgabe, ressourcenschonend und nachhaltig zu bauen, bestehende Strukturen zu erhalten und Wohnraum an die Bedürfnisse einer immer diverseren Gesellschaft anzupassen.
In diesem Kontext würdigte er die Arbeit von Prof. Tattara und seinem Büro DOGMA, das sich durch visionäre Projekte und theoretische Forschung international einen Namen gemacht hat. DOGMA befasst sich mit der Transformation des Wohnens in verschiedenen Maßstäben, von der städtebaulichen Ebene bis hin zur Entwicklung innovativer Wohntypologien. „Seine Expertise und internationale Perspektive sind ein wertvoller Beitrag zur Weiterentwicklung des Fachbereichs und der europäischen Zusammenarbeit, insbesondere im Hinblick auf den neuen zweisprachigen Masterstudiengang“, erklärte Felix Waechter und schloss seine Begrüßung mit den Worten: „Auch wenn Sie schon seit Juli bei uns sind, sage ich heute noch einmal herzlich: Willkommen am Fachbereich!“
Eine andere Art zu leben
In der anschließenden Antrittsvorlesung mit dem Titel „Living Another Way“ beleuchtete Martino Tattara das Thema Wohnen aus historischer, theoretischer und praktischer Perspektive. Im ersten Teil stellte er die Arbeit seines Büros DOGMA und dessen Entwicklungen der letzten zwei Jahrzehnte vor. Der zweite Teil basierte auf aktuellen Forschungen, die er anlässlich einer Ausstellung in Brüssel durchführte. Anhand von Fallstudien untersuchte er vier zentrale Themen: Wohnen und Geschlecht, Leben und Arbeiten, Eigentum und Nachrüstung sowie Transformation. Die Beispiele reichten von historischen Projekten wie dem Minangkabau-Langhaus in Indonesien und Claude-Nicolas Ledoux' Salinen von Chaux (1774) bis hin zu moderneren Ansätzen wie dem Projekt Artaud in San Francisco (1971) und Dolores Haydens HOMES-Vorschlag (1980). Ergänzend stellte er Beobachtungen zu zeitgenössischen Wohnpraktiken in Brüssel vor, die etablierte Vorstellungen von Wohnen und Haushalt hinterfragen.
Im abschließenden Teil seiner Vorlesung schlug Tattara mögliche Richtungen für Forschung und Lehre an der TU Darmstadt vor. Sein pädagogischer Ansatz betont das Lernen in realistischen Situationen, ohne dabei die architektonische Kompetenz und das disziplinäre Wissen zu vernachlässigen. Er fördert dies durch die Vermittlung vielfältiger Referenzen und Werkzeuge und möchte so die Begeisterung der Studierenden für den Wohnungsbau wecken.