Im Dialog mit dem syrischen Gastwissenschaftler Dr. Ahmad Atieh

06.04.2018

Seit November 2017 ist Ahmad Atieh Ph.D. als assoziierter Wissenschaftler am Fachgebiet Entwerfen und Stadtentwicklung zu Gast. Herr Atieh ist der erste gefährdete Wissenschaftler an der TU Darmstadt, der über den HessenFond zunächst für ein halbes Jahr finanzielle Unterstützung erhält. Das Stipendium soll besonders begabten und leistungsstarken geflüchteten Wissenschaftler*innen die Möglichkeit geben, sich in Forschungsthemen einzuarbeiten und Perspektiven für eine wissenschaftliche Karriere zu entwickeln.

Dr. Ahmad Atieh. Foto: Noël Kachouh
Dr. Ahmad Atieh. Foto: Noël Kachouh

Das Welcome Centre im Dezernat Internationales, über das der Antrag beim HMWK eingereicht wurde, hat Herrn Atieh von Beginn an in allen außer-akademischen Belangen unterstützt, so z. B. bei der Findung eines Mentors. Das Welcome Centre steht auch weiterhin im ständigen Kontakt mit ihm.

Neben seinen hervorragenden Leistungen ist auch die Bereitschaft von Frau Prof. Dr.-Ing. Rudolph-Cleff zu nennen, die Herrn Atieh die Möglichkeit bietet, einen Einblick in die Lehre und Forschung an der TU Darmstadt zu gewinnen. Mit ihrem Engagement unterstützt sie aktiv die TU Darmstadt, die sich als verantwortungsvolle und international ausgerichtete Universität das Ziel setzt, bereits geflohene oder in ihrer Heimat bedrohte und verfolgte internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der TU Darmstadt aufzunehmen.

Dr. Ahmad Atieh promovierte 2007 in Architektur an der Universität Kairo, Ägypten. Thema seiner Dissertation war die Energieeffizienz bei Wohnungsbauten. Er arbeitete als Associate Professor an der Fakultät für Architektur der Tischrin Universität in Latakia (Syrien). Zuvor leitete er die Abteilung für Architektur der Al-Jazeera Privat Universität in Deir ez-Zor im Osten Syriens. Er hat einen Master in Architektur (M. Sc.) der Universität Kairo, Ägypten („Infill Design in Heritage and Valuable Areas“) und ein Diplom in Architektur, Geschichte und Theorie der Architektur, der Universität Aleppo, Syrien („Traditional Markets in Deir ez-Zor – Syria“).

Herr Atieh bringt nicht nur umfangreiche Lehr- und Forschungserfahrung aus seinen mehr als 15 Jahren Praxis mit, sondern auch eine besondere Expertise im Bereich des bioklimatischen Designs und nachhaltigen Bauens. Er ist Spezialist für die Anforderungen in heißen Klimazonen und beschäftigt sich mit der Reduktion von Kühllasten und der Anwendung von passiven Solarsystemen. Mit dieser thematischen Ausrichtung passt er sehr gut zu den Forschungsprojekten des klimagerechten und energieeffizienten Planens und Bauens am Fachgebiet Entwerfen und Stadtentwicklung, und insbesondere zur Forschungsgruppe Kybernetik am Fachgebiet. In engem Dialog mit deren Leiter Prof. Günter Pfeifer arbeitet er zurzeit an einem Lehrangebot zu klima-adaptiver Architektur in tropischen und subtropischen Klimazonen der Subsahara.

Workshop im Sommersemester
In einem Workshop zu Anfang des Sommersemesters 2018 wird Dr. Atieh gemeinsam mit Prof. Günter Pfeifer den Studierenden die vertiefende Auseinandersetzung mit seinen Forschungsschwerpunkten eröffnen. Sein Forschungsinteresse gilt aber auch der Denkmalpflege im städtebaulichen Kontext und Fragen, die mit dem Wiederaufbau seiner kriegszerstörten Heimatstadt Deir ez-Zor verbunden sind. Mit diesem Thema ist seine Arbeit auch anschlussfähig an die Darmstädter Stadtforschung, die sich mit Critical Heritage Studies beschäftigt. Die Einarbeitung in die deutschen Standards der Energieeffizienz ist Prof. Atieh darüber hinaus ein wichtiges Anliegen. Die Zertifizierung zum „Energieberater für Baudenkmale“ ermöglicht die Beratung, Planung, Durchführung und Bewertung von Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung an Baudenkmalen und sonstiger besonders erhaltenswerter Bausubstanz im Rahmen der KfW-Programme zur energetischen Sanierung in Abstimmung mit den Denkmalbehörden.

Die ena-energieberatung hat Prof. Atieh dankenswerterweise die Möglichkeit eröffnet, diese Fortbildung zu einem reduzierten Tarif machen zu können. Der Einblick in die aktuelle Praxis des energetischen Planens und Bauens in Europa einerseits und die interdisziplinäre Ausrichtung der TU Darmstadt andererseits eröffnen Herrn Atieh darüber hinaus, sich für vielfältige Aufgaben in der Fachberatung und im Planen und Bauen zu qualifizieren.

Wir freuen uns über diese Zusammenarbeit!