Ausgezeichnete studentische Forschung

Verleihung des Heinz-Stillger-Preises am Fachbereich Architektur

07.12.2018

Am 5. Dezember 2018 wurde im Rahmen des „Tages der Forschung“ der Heinz-Stillger-Preis an Studierende des Fachbereichs verliehen. Mit dem Preis werden seit dem vergangenen Jahr herausragende studentische Forschungsarbeiten im Bereich der Architektur ausgezeichnet werden. Ziel des Preises ist eine Stärkung des Stellenwerts der Forschung in der Lehre und eine Förderung der Durchgängigkeit vom Bachelor über den Master in die Forschung und Promotion.

Gestiftet wird der Preis von der in Wiesbaden ansässigen HEINZ-STILLGER-STIFTUNG. Zweck der 1995 gegründeten Stiftung ist u. a. „die Finanzierung von Forschung und Wissenschaft auf dem Gebiet der Architektur“ und „die Unterstützung begabter und förderungswürdiger Studierender der Architektur“. Ihr Stifter ist der freie Architekt und TU-Alumnus Dr.-Ing. Heinz Stillger (1922–2008). Stillger studierte von 1947 bis 1951 am Fachbereich Architektur der Technischen Hochschule Darmstadt. 1952 gründete er sein eigenes Architekturbüro in Bad Camberg, das bald nach Wiesbaden und den Kreis Limburg-Weilburg sowie Wetzlar erweitert wurde. So entstand bei reger Teilnahme an Wettbewerben in diesen Regionen bis 1997 eine Vielzahl privater und öffentlicher Bauten. Kennzeichnend für Heinz Stillgers Architektur ist die überzeugte Orientierung an den gestalterischen Ideen des Werkbundes und des Bauhauses. Heinz Stillger war mit Leib und Seele Architekt. Mit Gründung seiner Stiftung machte er deutlich, dass er sein Leben ganz der Architektur gewidmet hat.

Anlässlich der ersten Ausschreibung wurden neun Projekte eingereicht, die das gesamte Spektrum architektonischer Forschung am Fachbereich abdecken. Sie bearbeiten historische, entwurfliche, typologische, konstruktions- und fertigungstechnische sowie gestalterische Forschungsfragen.

Eine Besonderheit des Preises ist das zweistufige Auswahlverfahren. Nach der Nominierung der Projekte durch die Fachgebiete wählte die Jury (bestehend aus Prof. Dr. Nina Gribat, Prof. Dr. Christiane Salge, und Prof. Christoph Kuhn, den Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen Dipl.-Des. Rita Solmfalvy und Dr. Martin Pozsgai sowie den Masterstudierenden Katharina Kostka und Felix Dannecker) drei Projekte für die zweite Juryrunde ein. In dieser präsentieren die nominierten Studentinnen ihre Projekte vor Publikum in Form eines Science Slams. Dieser fand – wie auch die Preisverleihung – im Rahmen des „5. Tages der Forschung“ des Fachbereichs am 5. Dezember 2018 statt. Der Preis ist mit insgesamt 5.000 Euro dotiert, die auf die drei Preisträgerinnen aufgeteilt wurden.

V.l.n.r.: Prof. Christoph Kuhn, Elke Stillger, Sandra Rohrdrommel, Olivia Lorscheid, Ann-Kathrin Speicher, Felix Dannecker, Katharina Kostka, Dr. Martin Pozsgai, Prof. Dr. Christiane Salge. Foto: Hella Wagner
V.l.n.r.: Prof. Christoph Kuhn, Elke Stillger, Sandra Rohrdrommel, Olivia Lorscheid, Ann-Kathrin Speicher, Felix Dannecker, Katharina Kostka, Dr. Martin Pozsgai, Prof. Dr. Christiane Salge. Foto: Hella Wagner

Die Preisträgerinnen

1. Preis
(2.200 Euro)
Sandra Rohrdrommel
„Museum – Architektur – Orientierung. Eine wissenschaftliche Evaluation der Besucherbewegungen im Kunstmuseum Stuttgart, Solomon R. Guggenheim Museum New York und Museum Georg Schäfer Schweinfurt“
Betreut vom Fachgebiet Architektur- und Kunstgeschichte

Sandra Rohrdrommels Arbeit ist ein exzellentes Beispiel für das forschende Lernen in der Architektur und dafür, wie das Forschungsmodul dazu beitragen kann, eine Brücke vom Masterstudium zur Promotion zu schlagen. Ausgehend von der Frage „Was ist gute Museumarchitektur und wie kann man objektivierbare Kategorien hierfür jenseits ästhetischer Maßstäbe finden?“ schlägt die Verfasserin ein individuelles, hochinteressiertes Methodenkompendium bestehend aus der architektonischen Analysen, empirischer Beobachtung von Besucherverhalten vor Ort und qualitativen Interviews vor. An drei ausgewählten Beispielen der Museumsarchitektur wendet Frau Rohrdrommel diese Methodik an und bereitet die daraus resultierenden empirischen Daten mithilfe von Forschungsannahmen zu räumlicher Orientierung, Besucherverhalten und der Bedeutung des Lichts für die Wegeführung auf. Darauf basierend werden Verbesserungsvorschläge für eine zukünftige Museumsarchitektur gemacht. Die Jury lobt diese Arbeit zu einer relevanten Thematik als sehr umfangreich und gleichzeitig fundiert. Weiterhin ist positiv hervorzuheben, dass bei der Bearbeitung durchaus nicht alle Vorab-Erwartungen der Verfasserin bruchlos bestätigt wurden. Dies spricht für die hohe Bereitschaft zu wissenschaftlicher Objektivität und Offenheit ganz im Sinne guter wissenschaftlicher Praxis. 

2. Preis
(1.800 Euro)
Olivia Lorscheid
„Tendenzen der Diskriminierung bei sozialer Wohnbauarchitektur“
Betreut vom Fachgebiet Entwerfen und Städtebau

Im Rahmen eines Forschungsmoduls hat Frau Lorscheid am Beispiel der West Side Urban Renewal Area in New York City, einem Stadtumbauprojekt, Prozesse der sozialen und ethnischen Marginalisierung eingehend untersucht. Olivia Lorscheid zeigt auf überzeugende Art wie beide Formen der Diskriminierung und Ausgrenzung in diesem Stadtumbauprojekt zum Tragen kamen, trotz des ursprünglich gegenteiligen Anspruches des Projektes. Auf Basis der vorhandenen Sekundärliteratur führt sie ihre Untersuchungen durch und überführt diese in aussagekräftige Schlussfolgerungen für die Zukunft der sozialen Wohnbauarchitektur. Die Jury betont, dass sich diese Arbeit durch eine fundierte, sorgfältige Argumentation und eine ausgezeichnete Tiefe der Durcharbeitung auszeichnet. Darüber hinaus muss das Forschungsmodul von Frau Lohrscheid als ein wertvoller Beitrag zu dem spannenden und hochaktuellen Thema des sozialen Wohnungsbaus gewertet werden.

3. Preis
(1.000 Euro)
Ann-Kathrin Speicher
„Richard J. Neutras Haus Kemper in Wuppertal (1961-1967)“
Betreut vom Fachgebiet Entwerfen und Baukonstruktion 

Anlass für die Arbeit von Frau Speicher war der Wunsch des aktuellen Eigentümers das Haus Kemper in den von Richard Neutra geplanten Ausgangszustand zurückzubauen. Ann-Kathrin Speicher analysiert daher im Rahmen ihres Forschungsmoduls die prozesshafte Entwicklung dieses Wohnhauses auf Basis des Briefwechsels zwischen Architekt und Bauherr. Beruhend auf ihren umfassenden Recherchen des Archivmaterials, den Publikationen des Architekten und der sicheren Anwendung akademischer Methoden, stellt Frau Speicher minutiös dar, wie die Wechselwirkungen zwischen Bauherr, Architekt und Bauingenieur den Entwurf des Hauses beeinflusst haben.Die Jury bewertet die Arbeit als klar und präzise im Aufbau, die sich durch eine hervorragende Analyse des ausgewerteten Archivmaterials auszeichnet.Durch ihre wissenschaftlich adäquate und zugleich allgemein verständliche Aufbereitung Ihrer Erkenntnisse leistet sie für die originalgetreue Instandsetzung des Gebäudes eine wichtige Grundlagenarbeit.  Die Arbeit von Frau Speicher ist daher auch ein hervorragendes Beispiel für den direkten Bezug zwischen wissenschaftlicher Forschung und Praxis in der Architektur.

Den Preisträgerinnen herzlichen Glückwunsch!

Die Stiftung

Die HEINZ-STILLGER-STIFTUNG ist eine rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Wiesbaden. Sie wurde 1995 gegründet und verfolgt ausschließlich gemeinnützige Zwecke.Ihr Stiftungszweck sind wissenschaftliche und künstlerische Aufgaben insbesondere auf dem Gebiet der Architektur und der handwerklichen Baukunst sowie die Förderung der beruflichen Bildung auf diesem Gebiet.Dieser wird unter anderem verwirklicht durch:

  • Die Finanzierung von Forschung und Wissenschaft auf dem Gebiet der Architektur
  • Die Unterstützung begabter und Förderungswürdiger Studierender der Architektur
  • Die Förderung und Unterstützung der Ausbildung von Handwerksmeistern
  • Die Förderung der Denkmalpflege insbesondere historischer Bauten.

> https://www.stillger-stiftung.de

Weiterführende Informationen

> 5. Tag der Forschung am Fachbereich Architektur