Mit dem „Skulpturengarten Lichtwiese“ wird seit einigen Jahren schrittweise ein Projekt realisiert, dessen Ziel es ist, das Neubaugebiet der TH Darmstadt auf der Lichtwiese durch gezielt ausgewählte und platzierte Skulpturen gestalterisch aufzuwerten. Ausgangspunkt der Überlegungen waren einige bereits mit Mitteln für Kunst am Bau angekaufte Kunstwerke. Objekte wie der „Marsays“ von A. Hrdlicka, „Kugel/Kegel“ von Fr. Koenig und das „Lineare Haus“ der Künstlergruppe Haus-Rucker gaben entscheidende Impulse für den Versuch, das durch kantige Institutsbauten besetzte Gelände durch einen Skulpturengarten zu beleben. Blickbeziehungen zwischen den Skulpturen sollen das Quartier vernetzen und Erlebnisräume entstehen lassen, die der Anonymität des Neubaugebiets entgegenwirken. Deshalb besteht nicht die Absicht, ein Museum für zeitgenössische Plastik einzurichten, sondern durch Kunstwerke den von landschaftlichen Elementen und Institutsgebäuden geprägten Raum erlebnisreicher bewußt werden zu lassen und aufzuwerten.
Das dem Projekt zugrunde liegende Konzept geht davon aus, dass die einzelnen Skulpturen nicht nur für sich selbst in jeweils definiertem Raum stehen, sondern Blickbeziehungen zu anderen Skulpturen dazu anregen, sich innerhalb des Skulpturengartens zu bewegen. Dabei orientiert sich die Ausstellung der Skulpturen weniger an einem vorgegebenen Wegesystem, als an räumlichen Zusammenhängen, innerhalb derer der Besucher seinen eigenen Weg bestimmt. Dies kann ihm die Chance geben, gleichsam zu Regisseur einer Inszenierung zu werden, die ihm den Skulpturengarten ohne didaktische Bevormundung erschliesst.
Durch das Konzept wurde bewusst vermieden, einen fixierten Plan mit bestimmten Skulpturen für festgelegte Standorte vorzugeben. Statt dessen wird mit jeweils neuer Entscheidung auf gegebene und auch durch bereits aufgestellte Skulpturen mitgeprägte Situationen reagiert. Dabei sind für die Auswahl einzelner Kunstwerke weder Stilrichtungen, noch thematische Vorgaben, sondern einzig Qualitätskriterien ausschlaggebend. Zusätzlich kommt es den Skulpturen zugute, dass die Künstler den jeweiligen Standort selbst vorschlagen, sodass die Aufstellung zum Bestandteil der Kunstwerke wird.
Das Hessische Finanzministerium und ein das Ministerium unterstützender Beirat haben diesem, von Präsident und Kanzler der TH Darmstadt unterstützten Konzept zugestimmt, den Skulpturengarten in ein entsprechendes Programm des Landes Hessen aufgenommen und seither die zur Finanzierung vorgelegten Anträge positive entschieden. Darüber hinaus haben sich die Stadt Darmstadt und private Sponsoren an diesem Projekt beteiligt. Auf diese Weise ist es möglich geworden, einige Skulpturen aufzustellen, sodass der Skulpturengarten bestimmte Fixpunkte erkennen lässt. Hierzu gehört die Skulptur „Bedrohter II“ von W. Grzimek, die 1989 am Weg, dem vom Architekturgebäude zur Mensa führt, aufgestellt wurde. Ein Jahr später folgte das Doppelrelief „Grosse Frauenfigur im Rombus“ von W. Loth und 1993 das Standbild „Erde“ von Th. Duttenhöfer. Im selben Jahr fand eine Bildhauerveranstaltung auf der Lichtwiese statt, bei der mehrere Exponate aus Holz entstanden. Einige dieser Werke konnten für den Skulpturengarten erworben werden. Dies betrifft den „Tempelbaum“ an der Hangwiese von C. Bury, das „Arrangement mit grossen Tongefässen“ am nördlichen Ende des Skulpturengartens von F. Stähler, das „Doppeltor“ am Kleinen Wald im Westen der Lichtwiese von J. Carter und von K. Simon die „Komposition mit Baumstämmen“ neben der Endstation der Buslinie L.
Zwar ist das Projekt Skulpturengarten Lichtwiese mit dem bisher realisierten Bestand nicht abgeschlossen, doch sieht das Konzept vor, nur noch einige Skulpturen aufzustellen. Es soll vermieden werden, das Gelände beliebig aufzufüllen oder übermäßig zu möblieren. Wenn es gelingt, das Neubaugebiet durch akzentuierende Skulpturen zu beleben und der Anonymität der eher kargen Bauvolumen entgegenzusteuern, um auf diese Weise erlebbare Räume entstehen zu lassen, wird das mit diesem Skulpturengarten verfolgte Ziel erreicht.
aus: versus, Forum für Architektur 1, 1995