Feldlabor Tagebau Hambach - Institut für Pflanzenwissenschaften Morschenich
Masterthesis Winter 2020/21

Herausgegeben vom Fachgebiet Entwerfen und Gebäudetechnologie (Prof. Anett-Maud Joppien)

Die herausgegebene Aufgabe sah ein Pflanzenforschungszentrum auf dem Gelände eines ehemaligen Reiterhofes am südöstlichen Rand der Ortschaft Morschenich vor. Das Zentrum sollte eine Geschäftsstelle, Marginal Field Labs, Gewächshäuser und integrale Testflächen für moderne und digital optimierte Landwirtschaft beinhalten.

Auf dem Gelände eines ehemaligen Reiterhofes am südöstlichen Rand der Ortschaft Morschenich soll das Pflanzenforschungszentrum, bestehend aus einer Geschäftsstelle, Marginal Field Labs, Gewächshäusern und integralen Testflächen für moderne und digital optimierte Landwirtschaft errichtet werden. Die verschiedenen Nutzungen werden hierfür zum größten Teil im Bestand untergebracht. Neu hinzukommen zwei Gewächshaushybriden, die um die Funktion von Workshop- und Konferenzflächen erweitert werden. Als Haus-im-Haus nutzen sie das Gewächshaus als klimatische Hülle.

Der Bestand wird z. T. mit Dachüberständen als Sonnenschutz sowie Dachbegrünungen und begrünten Fassaden erweitert. Das Volumen der ehemaligen Reithalle wird durchbrochen, um klar definierte Zonen zu schaffen und eine Durchwegung zum Gästehaus zu gewährleisten. Für das Gästehaus, das bis zu acht Forschende beherbergen kann, wird ein bestehendes Nachbargebäude reaktiviert und mit einer Polycarbonat-Hülle klimatisch optimiert.

In der bestehenden Longier-Rotunde wird ein Gemeinschaftshaus für die neuen Bewohner Morschenichs eingerichtet, das neben seiner kleinen Anbaufläche für kommunales Gardening der wachsenden Gemeinde auch einen Ort für Gemeinschaft bietet.

In meinem Entwurf behalte ich beinahe den gesamten Fußabdruck des alten Reiterhofes bei. Mit wenigen Durchbrüchen innerhalb des Hofes wird ein neues Campus-Gefüge geschaffen. Es entsteht ein Wechselspiel aus Forschungsfeldern und Institutsgebäuden. Gleichzeitig rückt die ehemalige Reithalle in den Mittelpunkt. Sie fungiert als neue Lagerstätte und Gewächshaus, in der sich auch die Ausstellung befinden wird. Die Klinkerwände mit der bestehenden Stahlkonstruktion bleiben erhalten und bilden den neuen Sockel der Gewächshäuser. Die Bestandsmauern werden mit einer einfachen Gewächshauskonstruktion aufgestockt und formen die äußere Hülle. Im Inneren befinden sich Boxen aus einer Holzkonstruktion. Das alte Wohnhaus wird im Erdgeschoss zu einem Bistro umfunktioniert und bietet im Obergeschoss Übernachtungsmöglichkeiten für Besucher.

Im vordersten Campusgebäude entsteht die Geschäftsstelle. Direkt dahinter befindet sich die ehemalige Reithalle mit den neuen Funktionen Lager, Gewächshaus sowie Ausstellung. Daneben liegt – südlich – die neue Arbeitsstätte des Marginal Labs. Die kleineren Ställe im Nordosten beinhalten nun die Workshopbereiche und Werkstätten.

Alle Gebäude sind durch sehr kurze Wege mit dem neuen Gewächshaus verbunden. Ein großzügiger Weg um das Campusgelände ermöglicht es Besuchern, auch einen Blick auf die Felder zu werfen. Außerdem können die Besucher vom Vorplatz aus in das Gewächshaus gehen, um die neuesten Forschungsergebnisse zu betrachten oder die Ausstellung auf der obersten Ebene zu besuchen.

Der Entwurf für das Feldlabor orientiert sich an den vorhandenen Orts- und Gebäudestrukturen, interpretiert und übersetzt diese in eine neue Form. Das Feldlabor bildet dabei einen sanften Übergang von der dörflichen Struktur in die Landschaft. Als direkter Vermittler zum Ort wird das bestehende und ortsprägende Wohnhaus erhalten. Das neu entworfene Feldlabor nimmt sich bewusst zurück und stellt das Wohnhaus frei.

Dem Ort zugewandt steht dabei das Gewächshaus als identitätsstiftendes Erkennungsmerkmal für das Feldlabor. Das Lagerhaus bildet ein Pendant auf der anderen Seite des Wohnhauses in Richtung Ortsausgang. Verbunden werden beide Gebäudeteile über einen flachen, dreiarmigen und mehrfach geschwungenen Baukörper, der gleichzeitig einen Innenhof bildet und einen weichen, begrünten Übergang in die Landschaft schafft.

Das Feldlabor wird durch seine offenen Strukturen den Austausch fördern und durch sein aus dem Boden aufsteigendes begrüntes Dach selbst zum landwirtschaftlichen Forschungsobjekt.

Dieser Vorschlag für den Forschungsstandort Marginal Field Labs der Initiative Bioökonomie-Revier bildet die Schwelle zwischen der dörflichen Struktur des ausgesiedelten Morschenichs und dem umliegenden Ackerland, das zur großflächigen Versuchsfläche werden soll. Mit der länglichen Setzung orthogonal zur Straße greift der Vorschlag die lokal-dörfliche Hofstruktur auf und staffelt diese variierend hintereinander. Durch die mäandrierenden Anordnungen der Nutzungen des vorwiegend eingeschossigen Grundrisses öffnet sich das Gebäude mit zwei Höfen jeweils nach Norden und Süden und bildet zuletzt einen introvertierteren Innenhof. Die öffentlichen und gemeinschaftlichen Nutzungen wie Ausstellung, Workshop und Bistro sind im Zentrum des Grundrisses angeordnet, öffnen sich zu allen drei Höfen und sind einander zuschaltbar. Ein übergeordnetes modulares System ermöglicht die Erweiterbarkeit des Gebäudes, um weiteren Forschungsprojekten der Initiative Raum zu bieten und sie an einem Standort zu vereinen. Mit der Überlagerung der landwirtschaftlichen Freiraumstruktur und der Interpretation der dörflichen Bebauungsstruktur bildet das Feldlabor einen Schwellenraum zwischen Feld und Dorf.

Bei der konkreten architektonischen Ausarbeitung des Feldlabors sind die Themen Vegetation – Freiraum – Sensibilität und Erlebbarkeit besonders wichtig. Sowohl die Aufgabe als auch die vorhandene Bebauungsstruktur verweisen auf eine Art Institut – Stadt – Hofstruktur. Die vorhandene Körnigkeit und Volumetrie sollen erhalten und nur massstabsgerecht ergänzt werden. Durch die Reduzierung der gebauten Architektur auf ihre tragenden Elemente wird der umbaute Raum mit dem Landschaftsraum verwebt.

Dieser expressionistische Entwurfsansatz setzt sich in der Ergänzung der drei Neubauten fort. Entlang des linearen Wegerasters verstärken die beiden horizontalen Gewächshausbauten die Lesart einer eigenständigen Stadtstruktur. Trotz des hohen Baumasseerhalts gelingt es, die Themen Transparenz und Horizontalität in allen Gebäuden als verbindende Elemente zu benennen. Die Linearität der Bebauungsstruktur setzt sich im Innenraum fort. Die offenen Grundrisse dienen als flexibel nutzbare Flächen und gleichen sich trotz ihrer differenten Nutzungen in der linearen Ausrichtung. Das wesentliche Element bildet ein horizontales Band, das sich als Tisch, Pflanzkübel oder Ausstellungsstück zeigt. Die Innenräume sind nutzungsthematisch verbunden und verweben sich mit den Aussenräumen.

Alle Bereiche können sowohl extern als auch intern genutzt oder eingesehen werden, sodass der Transparenz der Forschung eine Akzeptanz der Besucher folgt. Das Grundprinzip von Umnutzung und Neubau lässt sich beliebig über die angrenzende Stadtstruktur erweitern. Die anschließenden Freiflächen entwickeln sich entlang der Gebäude und leiten in die bestehenden Vegetationsstrukturen über.

Michelle Sophie Pachali hat für ihre Arbeit einen wa-Förderpreis der Zeitschrift „wettbewerbe aktuell“ erhalten.