Oskar Schürer

Oskar Schürer

(*22.10.1892 Augsburg – †29.04.1949 Heidelberg) lehrte an der TH Darmstadt von 1942–1949

Hermann Geibel, Büste von Oskar Schürer, nach 1945 (Sammlung des Fachgebiets Architektur- und Kunstgeschichte der TU Darmstadt)
Hermann Geibel, Büste von Oskar Schürer, nach 1945 (Sammlung des Fachgebiets Architektur- und Kunstgeschichte der TU Darmstadt)

Werdegang

Schürer studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Architektur zunächst in München an der Universität und der TH München (1911–1912), dann in Berlin (1913–1914) und nach einer Unterbrechung wegen seines Kriegsdienstes, in Marburg (1914, 1918–1920). Er promovierte 1920 bei dem Kunsthistoriker Richard Hamann in Marburg und setzte dann seine kunsthistorischen Studien in Freiburg und München fort. In den Jahren zwischen 1922 und 1932 betrieb er zunächst in Dresden und dann ab 1924 in Prag kunstgeschichtliche Studien und war zudem als Kunstkritiker tätig. In Dresden arbeitete er als Dozent an der „Neuen Schule“ in Hellerau und während seiner Zeit in Prag war er an den Grabungen und Forschungen auf der Burg Eger beteiligt. 1932 habilitierte er sich an der Universität in Halle bei Paul Frankl. Von 1932 bis 1937 hielt er sich in der Slowakei (Zips) auf, bevor er sich 1937 umhabilitierte und an die Universität in München wechselte, wo er 1939 zum a.o. Professor ernannt wurde. Nach seinem zweiten Kriegsdienst von 1939 bis 1941 wurde er 1942 zunächst auf Vorschlag des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung als a.o. Professor an die TH Darmstadt berufen, ein Jahr später wurde er zum ordentlichen Professor ernannt.

Qualifikationsschriften

Mit seiner Dissertation zur „Klosterkirche in Haina“ legte Schürer 1920 eine, wie Hans Georg Gadamer es in seiner Gedenkrede auf Schürer 1949 bezeichnete, „handwerklich solide“ bauhistorische Untersuchung zu dieser wichtigen frühgotischen Zisterzienserkirche vor. Die Habilitationsschrift von 1932 zur romanischen „Kaiserpfalz in Eger“ ging wiederum auf Schürers langjährige Forschungen in seiner Pragzeit zurück, und hing mit seinem seit den 1920er Jahren bestehenden Forschungsinteresse zu romanischen Doppelkapellen zusammen.

Forschung

Schürers Forschungen in wenigen Worten zusammenzufassen, ist schwierig, weil seine kunsthistorischen Interessen ausgesprochen vielfältig waren. So war er auf der einen Seite ein solider Bauhistoriker der mittelalterlichen Sakral- und Profanarchitektur, hat Stadtmonographien verfasst (erstmals 1930 von Prag, aber auch zu seiner Heimatstadt Augsburg sowie von Metz), aber auch in zahlreichen Beiträgen zur Malerei des 19. Jahrhunderts (Caspar David Friedrich oder Hans von Marées) bzw. zur zeitgenössischen Malerei (so schon 1926 zum Werk von Pablo Picasso oder später zu Ernst Ludwig Kirchner sowie Paula Modersohn-Becker) oder z.B. zur modernen tschechischen Architektur gearbeitet.

Lehre an der TH Darmstadt

Schürer bot ebenso wie seine Vorgänger einen Vorlesungszyklus an, der mit der frühen abendländischen Kunst begann. Unter ihm wird dieser Zyklus erstmals auf das 20. Jahrhundert ausgeweitet, sein Vorgänger Rosemann hatte seine Chronologie mit der Zeit um 1900 geendet. Daneben hat er Seminare zur Architektur des Mittelalters abgehalten, die er mit baugeschichtlichen Übungen kombinierte. In den Nachkriegsjahren wurde Schürer, wegen Krankheit, in der Lehre mehrfach von seinem Assistenten Josef Adolf Schmoll gen. Eisenwerth vertreten.

Wirkung und Rezeption

Schürer war auch Schriftsteller. In den Jahren 1919/20 hat er drei expressionistische Gedichtbände veröffentlicht, in denen er sich mit seinen Erfahrungen als Soldat im Ersten Weltkrieg auseinandersetzte.

Schürer war kein NSDAP Mitglied, dennoch ist es sicher, dass er sich mit den Nationalsozialisten arrangierte und deren Politik indirekt unterstützte. 1942 wurde er Mitglied der Sektion Bildende Kunst der nationalkonservativen Deutschen Akademie und bereitete in diesem Zusammenhang eine große Fotoausstellung zur „Deutschen Kunst im Osten und Südosten“ vor, die in der Forschung schlüssig als eine Form der nationalsozialistischen Propaganda bezeichnet wird. Schürer wird in einer Zeitungsquelle eindeutig als „der geistige Betreuer“ der Ausstellung bezeichnet. Diese Ausstellung „reiste“ durch ganz Deutschland, war ab dem 19. November 1943 auch an der Technischen Hochschule Darmstadt zu sehen, und wurde mit einer Rede Schürers zur „Kunst des deutschen Ostens“ eröffnet. Schürers Forschungen zur tschechischen Architektur und Kunst in den 1920er Jahren deutete er – wie Christian Fuhrmeister herausgearbeitet hat – in der Zeit des Nationalsozialismus rückwirkend als eine kulturpolitische Beschäftigung mit der Deutschen Kunst im Osten um, sah sie gar als bewusste „Vorbereitung für die Durchsetzung alter deutscher Kulturansprüche“ in Tschechien. Zudem hat er in seinem ersten Wintersemester 1942/43 an der TH Darmstadt allein 47 Vorträge im ganzen Deutschen Reich zu Themen der deutschen Kunst v.a. für das Deutsche Volksbildungswerk gehalten, die eindeutig politisch motiviert waren.

Sein Verdienst an der TH Darmstadt ist der Beginn des Wiederaufbaus des kunsthistorischen Lehrstuhls nach dem Zweiten Weltkrieg, denn mit der Bombardierung 1944 ging die gesamte Lehrsammlung verloren und die Büro- sowie Unterrichtsräume wurden zerstört. Aus den zahlreichen erhaltenen Nachrufen von seinen Schülern geht hervor, dass er als Professor und Mensch sehr geschätzt wurde. Einer der Gründe dafür mögen seine motivierenden Ansprachen an die Studierenden in der Nachkriegszeit gewesen sein, die auch publiziert wurden („Vom inneren Aufbau“, 1946). Aus heutiger Sicht wird allerdings deutlich, wie stark diese Textevon der Rhetorik des Nationalsozialismus durchdrungen waren und dass Schürer die Deutschen in der Nachkriegszeit nur als Opfer und nicht als Täter sah. 1949 wurde Schürer noch Mitglied der Goethe-Akademie in São Paulo in Brasilien, verstarb aber kurze Zeit später im April 1949.

Zu Schüres Schülern zählte Josef Adolf Schmoll gen. Eisenwerth, der ihn während längerer Krankheitszeiten vertrat und später Lehrstühle an der Universität des Saarlandes und der TU München innehatte.

(Christiane Salge)

Publikationsliste Oskar Schürer, PDF (wird in neuem Tab geöffnet)

Lehrveranstaltungen im Fach Kunstgeschichte, Amtszeit Schürer 1942 – 1949 (wird in neuem Tab geöffnet)

Quellen:

Archive: Stadtarchiv Darmstadt; Universitätsarchiv der TU Darmstadt (Personalakte); Stadtbibliothek München/Monacensia, Abt. Literaturarchiv; Deutsches Literaturarchiv Marbach (Handschriften).

Literatur:

Will Grohmann, Deutsche Kunst im Osten und Südosten, Ausstellung der Deutschen Akademie in Berlin, in: Münchner Neueste Nachrichten, 10.02.1942. S. 3 [http://willgrohmann.de/zeitungs-archiv/articles/Z1947.pdf]

Hans Georg Gadamer, Gedächtnisrede auf Oskar Schürer, Darmstadt 1952.

Wilfred Brosche, Oskar Schürer 22.10.1892–29.04.1949, in: Bohemia 1969, S. 430–445.

Hans Reuther: Zum Tode Oskar Schürers, in: Zeitschrift für Kunst 3(1949), S. 214.

Hans Reuther: Oskar Schürer, in: Das Münster 3(1950), S. 61.

Martin Klewitz: Oskar Schürer, in: Aschaffenburger Jahrbuch für Geschichte, Landeskunde und Kunst des Untermaingebiets 1952, S. 275-277.

Armin Strohmeyr (Hg.): Oskar Schürer, Das dichterische Werk, 1997.

Gerhard Trapp: Concordia discors. Oskar Schürer und Johannes Urzidil 1924–1949. In: Brücken. Germanistisches Jahrbuch Tschechien-Slowakei 2001/2002, Neue Folge 9–10, S. 257–280.

Christian Fuhrmeister: Optionen, Kompromisse und Karrieren. Überlegungen zu den Münchner Privatdozenten Hans Gerhard Evers, Harald Keller und Oskar Schürer, in: Nikola Doll, Christian Fuhrmeister, Michael H. Sperger (Hg.), Kunstgeschichte im Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte einer Wissenschaft zwischen 1930 und 1950, Weimar 2005, S. 219–242.

Christian Fuhrmeister: Die Sektion Bildende Kunst der Deutschen Akademie 1925-1945. Ein Desiderat der Fachgeschichte, in: Ruth Heftrig, Olaf Peters und Barbara Schellewald (Hg.): Kunstgeschichte im „Dritten Reich“. Theorien, Methoden, Praktiken, Berlin 2008, S. 312–334 (zu Schürer v.a. S. 327–331).

Vorgänger: Heinz Rudolf Rosemann / Nachfolger: Hans Gerhard Evers