Heinz Rudolf Rosemann

Heinz Rudolf Rosemann

(*9.10.1900 in Greifswald – †19.06.1977 in Hilden) lehrte an der TH Darmstadt von 1934 bis 1941

Werdegang

Rosemann hat zunächst Architektur an der TH Dresden studiert und 1920 mit einem Diplom abgeschlossen. Im Anschluss ging er an die Universität nach München und studierte Kunstgeschichte, wo er 1924 promoviert wurde. Nach einem Volontariat an den Staatlichen Museen in München 1925/26 arbeitete er zunächst als Assistent an der dortigen Universität und habilitierte sich 1930 bei Wilhelm Pinder. Von 1931 bis 1934 war Rosemann Privatdozent, 1931 mit einem Stipendium am Deutschen Kunstgeschichtlichen Institut in Florenz. 1934 wurde Rosemann als Nachfolger Paul Hartmanns zunächst als außerordentlicher Professor angestellt, bevor man ihn 1936 dann zum ordentlichen Professor an der TH Darmstadt ernannte. Neben seiner Tätigkeit als Hochschullehrer war er 1936 Mitglied des Denkmalrats Hessen und arbeitete von 1938 bis 1942 zugleich als Denkmalpfleger in den rheinhessischen Kreisen, eine Doppelfunktion, die mehrere TH Professoren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts innehatten. Da er allerdings schon im September 1939 ins Militär einberufen wurde und von August 1940 bis September 1944 als Kriegsoberverwaltungsrat im Militärischen Kunstschutz arbeitete und Leiter des Kunstschutzreferats für Belgien und Nordfrankreich war, dürfte sein Engagement im Bereich der Lehre und der Denkmalpflege in dieser Zeit in Darmstadt zeitlich eher begrenzt gewesen sein. Noch während seines Kriegsdienstes wurde er 1942 an die Universität Göttingen als ordentlicher Professor berufen und blieb dort bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1969. Dort war er zugleich Direktor der Göttinger Kunstsammlungen und wurde schon 1948 von der Akademie der Wissenschaften zum Mitglied ernannt.

Qualifikationsschriften

An der Universität München wurde Rosemann 1924 mit einer Arbeit über „Die Hallenkirche auf germanischem Boden: ein entwicklungsgeschichtlicher Versuch“ promoviert. Mit welcher Arbeit er sich bei Pinder habilitierte, ist nicht bekannt.

Forschung

Der Schwerpunkt seiner Forschungen liegt im Bereich der mittelalterlichen Architektur und hier vor allem auf den Sakralbauten Regensburg, Worms und Hildesheim. In seine Darmstädter Zeit fallen Publikationen zur Regensburger Dombauhütte sowie zum Westchor des Wormser Doms. Rosemann war auch an der vom Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung initiierten „Arbeitsgemeinschaft für den Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“ beteiligt, in der die nationalsozialistischen Vorstellungen des Völkischen und die geistige und künstlerische Vormachtstellung der Deutschen durch wissenschaftliche Publikationen befördert werden sollte. In der 1941 geplanten Buchreihe „Die deutsche Kunst an den Rändern des Reiches (Ausstrahlungen)“ der „Abteilung Kunstgeschichte“ sollte Rosemann die Sektion Niederlande leiten, in die auch Hans Gerhard Evers hätte integriert werden sollen. Themen waren: Deutsche Goldschmiedekunst im niederländischen Raum, Romanische Baukunst unter deutschem Einfluss, Gotische Baukunst unter rheinischem Einfluss und Dürers Einfluss auf die niederländische Malerei.

Lehre an der TH Darmstadt

Wie seine Vorgänger bot Rosemann eine chronologische Vorlesung an, die mit der Antike begann und in der Romantik endete. Ab 1940 teilte er diese in vier Semester mit folgenden Titeln ein: Kunst der Antike, Kunst der deutschen Kaiserzeit 800–1250, Kunst des Bürgertums 1250–1600 und Kunst der Fürstenzeit 1600–1900. Die Vorlesungen wurden zum Teil von Übungen begleitet. Daneben wählte er Themen aus der Malerei und Plastik (Michelangelo und Rubens) oder zur Architektur (Deutsche Dome, Baukunst der Renaissance in Italien) für seine weiteren Vorlesungen aus.

Rezeption

Rosemann scheint ein überzeugter Nationalsozialist gewesen zu sein. Er war von 1937 bis 1944 Mitglied der NSDAP und ab 1935 Mitglied der wissenschaftlichen Abteilung der Sektion Kunstgeschichte der nationalkonservativen Deutschen Akademie zur wissenschaftlichen Pflege und Erforschung des Deutschtums in München. Am 30. Januar 1935 hielt Rosemann die Festrede über das „Erwachen deutschen Kulturbewusstseins“ an der Technischen Hochschule Darmstadt anlässlich, wie es in der entsprechenden Publikation heißt, der „Feier der Reichsgründung und des Tages der nationalen Erhebung“. Die Rede betont die eigenständigen Leistungen der deutschen Kunst und Architektur, verwendet penetrant völkisches Vokabular („Blut und Boden“) und appelliert mit jeder Zeile an das deutsche Nationalgefühl. Rosemann wurde nach 1945 durch die Spruchkammer entlastet und konnte seine bereits 1942 angetretene Professur in Göttingen bis zur Emeritierung behalten.Aus den Untersuchungen von Christina Klott zu Rosemanns denkmalpflegerischpositiv zu bewertenden Tätigkeit im Kunstschutz in Belgien und Nordfrankreich wird deutlich, dass er sich bei Wiederaufbauplänen für Neubauten im Stile der konservativen Moderne aussprach, aber zugleich jede historistische Rekonstruktion ablehnte.

Rosemann war einigen seiner Nachfolger in Darmstadt ein geschätzter Kollege. Davon zeugt rege Korrespondenz mit Hans Gerhard Evers, mit dem er Material austauschte und der ihn bei der Besetzung von Nachwuchsstellen und der Betreuung von Qualifikationsarbeiten als Berater heranzog. Georg Friedrich Koch promovierte 1948 in Göttingen, wahrscheinlich bei Rosemann, und beteiligte sich später an einer Festschrift zu dessen 60. Geburtstag (herausgegeben von Ernst Guldan).

(Christiane Salge)

Publikationsliste Heinz Rudolf Rosemann, PDF (wird in neuem Tab geöffnet)

Lehrveranstaltungen im Fach Kunstgeschichte, Amtszeit Rosemann 1934 – 1942 (wird in neuem Tab geöffnet)

Quellen:

Archive: Nachlass Rosemann, Deutsches Kunstarchiv des Germanischen Nationalmuseums (nicht eingesehen).

Literatur:

Willibald Sauerländer, Heinz Rudolf Rosemann 9. Okt. –19. Juli 1977 (1982), in: Jahrbuch der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1981, S. 58-63.;

Rosemann, Heinz Rudolf“, in: Hessische Biografie (Stand: 9.10.2020).

Anikó Szabó, Vertreibung, Rückkehr, Wiedergutmachung. Göttinger Hochschullehrer im Schatten des Nationalsozialismus, Göttingen 2000.

Hans Aurenhammer, Neues Quellenmaterial zum Kunstgeschichte-Programm im ‚Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften‘ (1941), in: Kunst und Politik. Jahrbuch der Guernica-Gesellschaft Bd. 5. Schwerpunkt: Kunstgeschichte an den Universitäten im Nationalsozialismus, hg. v. Jutta Held und Martin Papenbrock, Göttingen 2004, S. 231–242.

Christian Fuhrmeister: Die Sektion Bildende Kunst der Deutschen Akademie 1925-1945. Ein Desiderat der Fachgeschichte, in: Ruth Heftrig, Olaf Peters und Barbara Schellewald (Hg.): Kunstgeschichte im „Dritten Reich“. Theorien, Methoden, Praktiken, Berlin 2008, S. 312–334 (zu Rosemann, S. 318).

Christina Kott, Die Denkmalpflege im belgischen Wiederaufbaukommissariat unter deutscher Besatzung (1940-1944), in: Martina Bushart und Alena Janatková, Kunstgeschichte in den besetzten Gebieten 1939-1945, Wien, Köln, Weimar 2016, S. 163–184.

Vorgängerin: Ottilie Rady / Nachfolger: Oskar Schürer