Die Erfindung der Natur - Ein Museum für Naturgeschichte in Straßburg
Masterthesis Sommer 2017

Herausgegeben vom Fachgebiet Entwerfen und Nachhaltiges Bauen, Prof. Christoph Kuhn

Die Aufgabe umfasst den Entwurf für ein Museum für Naturgeschichte, in dem die Sammlungen und Bestände der verschiedenen naturwissenschaftlichen Institute der Universität Straßburg ausgestellt werden sollen. Darüber hinaus ist in dem zu entwerfenden Gebäude oder Gebäudeensemble das neue Planetarium unterzubringen. Die funktionale und räumliche Integration der spezifischen Geometrie dieses „Beobachtungsraumes“ stellt eine besondere Herausforderung dar. Der in dem Museum betrachtete Naturraum erweitert sich damit über die Grenzen des Planeten Erde hinaus in den Weltraum. Das Museum für Naturgeschichte bewahrt und präsentiert somit nicht alleine den Fundus naturgeschichtlicher Entdeckungen und ihre wissenschaftliche Bearbeitung, es muss darüber hinaus auch Perspektiven eröffnen, wie wir zukünftig Natur betrachten, rezipieren und reflektieren. Das Haus für das Museum für Naturgeschichte bietet die Chance, unser Verhältnis zur Natur nicht alleine über die Inszenierung der ausgestellten Objekte zu thematisieren, sondern über seine Architektur selbst.

Städtebauliche Situation
Das Gebäude befindet sich auf dem Campus Imperial der Kaiser-Wilhelms-Universität in der französischen Stadt Straßburg. Gegenüber von ihm befindet sich der neue Unicampus Esplanade, auf dem Gebäude aus den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts eine Mehrheit bilden. Auf dem historischen Unicampus dagegen sind Bauten aus dem 19. Jahrhundert zu finden.Die zwei Areale weisen verschiedene Architekturmerkmale auf und unterscheiden sich somit nicht nur in ihrer historischen Zuordnung, sondern auch gestalterisch. Blockrandbebauung ist das prägende städtebauliche Merkmal des inneren Stadtteils. Das Boulevard de la Victoire trennt beide Areale und stellt eine stark lärmbelastete Grenze zwischen den beiden dar. Die eine Straßenseite wirkt durch die alten Gebäude aus dem 19. Jahrhundert geschlossen, während die andere Straßenseite sich infolge ihrer freier geplanten Baustruktur zur Straße öffnet und ungestaltete, nach Norden ausgerichtete Plätze anbietet.Das zu beplanende Grundstück ist das letzte auf dem Gelände, welches eine Chance anbietet, die zwei Unicampusse miteinander zu verbinden. Das Boulevard de la Victoire ist deswegen nicht nur als Nachteil zu sehen, sondern mit ihrer heutigen durch Grünräume geprägten Gestalt auch als Potential zu verstehen.

Gebäudestruktur
Der Baukörper stellt einen Block dar, der ähnlich wie seine Nachbargebäude eine Hofsituation aufweist. Der Innenhof öffnet sich zum Boulevard de la Victoire und reagiert somit auf die offene städtebauliche Struktur gegenüber. Die Bauform entwickelt sich analog wie alles in der Natur aus dem Boden heraus und führt spiralförmig bis zum Hochpunkt des Museums, wo sich das Planetarium befindet. Eine begrünte, begehbare Dachform macht den Bau für die Besucher von außen erlebbar und bietet spannende Blicke in den botanischen Garten und in die Umgebung. Der Innenhof definiert den Eingang des Museums, der sich gegenüber dem Dachrampenanfang befindet und somit der Startpunkt des Museumserlebnisses ist. Analog zur äußeren Bauform entfaltet sich der Innenraum vom tiefsten bis zum höchsten Punkt vor den Augen der Besucher. Die Dauerausstellung beginnt direkt unter dem Foyer, im UG des Museums bis hin ins 2.OG. Die Sonderausstellung beginnt im 1.OG, über dem Foyer, bis hin ins 2.OG. Beide Ausstellungsrouten treffen sich in einem Verteilerraum (Pausenraum) direkt unter dem Planetarium. Von dort aus kann man das Planetarium besuchen und/oder auf das Dach rausgehen und das Gebäude von außen erkunden.

Fassadengestaltung und Energiekonzept
Der Baukörper nimmt Bezug auf seine Umgebung und weist eine Vollklinkerfassade auf. Die Außenhülle wirkt eher geschlossen, unterbrochen durch einzelne große Schaufenster. Zum Hof hin öffnet sich die Fassade durch eine Perforierung der massiven Klinkerhülle und macht somit den Hof und das Planetarium auch abends erlebbar. Die Museumsräume gliedern sich in einer Pufferzone als Aufenthalt und in vollkonditionierten Ausstellungsräumen. Wichtige Merkmale sind einerseits die Verbindung der Pufferzone mit dem Turm für eine natürliche Belüftung (Kamineffekt) und andererseits eine differenzierte Tageslichtnutzung in den Aufenthalts- und Ausstellungsräumen.

Gabriela Atanasova

© Gabriela Atanasova

© Gabriela Atanasova

© Gabriela Atanasova

© Gabriela Atanasova

© Gabriela Atanasova

© Gabriela Atanasova

DE LA TERRE À L‘UNIVERS

Diese Arbeit widmet sich dem Aufstieg vom Kern unseres Planeten bis zur Natur der Oberfläche und letztlich zum Universum, das uns umgibt. In einem quadratischen Monolith soll der Besucher in vertikaler Richtung durch die einzelnen Fachbereiche der Naturgeschichte geführt werden. Städtebaulich platziert sich der 60 Meter hohe Turm zwischen natursteinernen Institutspalästen vom Ende des 19. Jahrhunderts und in direkter Nachbarschaft von gerasterten Betonfassaden vom Ende des 20. Jahrhunderts. Sein geringer Fußabdruck ermöglicht den Erhalt einiger Bestandsbäume und der Ausbildung eines aufgelockerten Platzes, der für die hochfrequentierte Tramhaltestelle gegenüber einen Eingang in das Universitätsgelände ausbildet.

Über das Foyer wird die Sonderausstellung im Untergeschoss und der Multimediasaal im ersten Obergeschoss erschlossen. Ab dem zweiten Obergeschoss beginnt die Dauerausstellung, welche den Schwerpunkt des Entwurfs ausmacht. Die Naturgeschichte soll unter dem Begriff des Kosmos verstanden werden, also des Ganzen. Der Beginn bildet hierbei die Mineralogie, die uns mit ihren einzelnen Schichten und den dazwischenliegenden Geheimnissen, die Geschichte der Erde chronologisch auffächern kann. Der folgende Bereich, die Paläontologie, befasst sich mit Fossilien vergangenen Lebens der oberen Erdkrusten. Von vergangen Lebewesen unterirdisch, steigt der Besucher nun gedanklich über die Erde und erreicht die Botanik und Zoologie, die sich über drei Geschosse erstreckt. Galerien zwischen den Geschossen erzeugen einen Zusammenhang zwischen den einzelnen Ausstellungsstücken. Begrünte Loggien verschaffen dem Besucher die Möglichkeit des Austritts und der Entspannung. Die frei gesetzten Öffnungen bieten neben dem Ausblick auch einen Einblick in das Gebäude und seine Ausstellungsobjekte und erzeugen somit einen Dialog zwischen innen und außen.

Nach der Begehung der Botanik und Zoologie, der naturgeschichtlichen Bereiche der Erdoberfläche, erreicht der Besucher das, was sich außerhalb der Erde abspielt: die Astronomie. Nach einem kleinen Ausstellungsbereich, gelangt der Besucher in das letzte Vollgeschoss des Monolithen, in dessen Mitte sich das Planetarium befindet. Großzügige Öffnungen bieten einen allseitigen Ausblick über die Dächer von Straßburg. Über den Treppenkern kann nun der Museumsbesucher das Dachgeschoss erreichen, welches ein kleines Café zum Erholen und gleichzeitig eine großzügige Aussichtsplattform bietet. Hier kann der Besucher tagsüber die Landschaft und bei Dunkelheit mit Teleskopen die Sterne auf sich wirken lassen.

Ornamentarm soll der Monolith durch seine Oberflächen wirken: Außen gespitzte Fertigbetonplatten und einem Sockelgeschoss aus dunkelgefärbten, glatten Beton. Die mit Messing verkleideten Fensterlaibungen sind möglichst hinter der Fassade versteckt. Die Wandflächen des Innenraums sind mit unbehandelter Sichtbeton versehen. Der Boden besteht aus dunkel pigmentierten Terrazzo. Jeglicher Innenausbau für die Ausstellung und die abgehängten Decken bestehen aus pulverbeschichteten Stahlplatten.

Marius Riepe

© Marius Riepe

© Marius Riepe

© Marius Riepe

© Marius Riepe

© Marius Riepe

© Marius Riepe

Weitere Informationen in Kürze.

© Chenquing Xiu

© Chenquing Xiu

© Chenquing Xiu

© Chenquing Xiu

© Chenquing Xiu

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