Herausgegeben vom Fachgebiet Entwerfen und Baugestaltung
(Prof. Dipl.-Ing. Wolfgang Lorch)
Es ist sicher nicht übertrieben, in den Entscheidungen für die Wiedererrichtung von Synagogen am Bornplatz in Hamburg und am Fraenkelufer in Berlin den Wunsch zu sehen, gebaute Zeichen gegen neonazistische Tendenzen in Deutschland zu setzen. Vielleicht ist es auch aus diesem Grund naheliegend, dass gerade in diesen beiden Fällen, zum ersten Mal in Deutschland nach 1945, die Rekonstruktion der von Deutschen zerstörten Vorgängerbauten ernsthaft diskutiert wird.
Jenseits der kontrovers geführten Debatten für und wider möglicher Rekonstruktionen werden aber die Formen jüdischen Lebens in den heute neu zu errichtenden Synagogen vollkommen andere sein, als noch zu Zeiten der Errichtung der großen Synagogen im frühen 20. Jahrhundert. Trotz aller Zuzüge erreicht die Zahl der Gemeindemitglieder selbst in den Metropolen Hamburg und Berlin auch heute noch nicht annähernd wieder das Niveau der Zeit vor 1933. Eine Wiederherstellung der damals für mehrere tausend Gläubige ausgelegten Synagogenräume würde schon deswegen den heutigen Bedürfnissen der Gemeinden wohl kaum gerecht werden können.
Auf die Unmöglichkeit, eine Synagoge heute noch, wie einst vor der Shoah, als gebauten Ausdruck der Assimilation, mehr noch des Deutsch-sein-Wollens zu denken, war schon an anderer Stelle hingewiesen worden. Dennoch bleibt der Anspruch an das Zeichenhafte der neu zu errichtenden Synagogen. Dass dieser Anspruch hier im Sinne einer politischen Selbstvergewisserung auch aus den deutschen Stadtgesellschaften herausgestellt wird, macht die Sache nicht einfacher.
Im Programm für die neuen Großstadtsynagogen in Hamburg und in Berlin kommt ein gewandeltes Verständnis der Synagoge in der Stadt zum Ausdruck. Die Synagoge ist nicht mehr allein zeichenhafter Sakralbau, sondern vielmehr Raum für künftiges jüdisches Leben in der Stadt. In seiner Eigenständigkeit ist die Vielfalt dieses Lebens ein Beitrag zur Kultur der Stadt. Natürlich schwingt in dieser Sicht auch eine gewisse sentimentale Trauer über das Zerstörte mit. Eben deshalb gewinnt der Blick in die Zukunft hier eine besondere Bedeutung.
In diesem Sinne sind das Kinderhaus, die Bibliothek und die Räume für Bildung und Veranstaltungen nicht einfach funktional notwendige Teile eines Gemeindezentrums, sondern sie sind Ort und Ausdruck neuen jüdischen Lebens in der Stadt. So wird das Programm selbst bereits zum Teil einer möglichen Antwort auf den Anspruch an das Zeichenhafte der neuen Synagogen. Dem eine glaubwürdige architektonische Form zu geben, soll unsere Aufgabe sein.