six feet under | ashes to ashes
Masterthesis Winter 2019/20

Hrsg. vom Fachgebiet Entwerfen und Raumgestaltung (Prof. i.V. Dr.-Ing. Tom Schoper)

Der Entwurf befragt das Verhältnis von Lebenden zum Tod unter dem Aspekt der Trauerriten der verschiedenen Weltreligionen. In welchen räumlichen Rahmen möchten wir uns von einem uns nahestehenden Menschen verabschieden, in welchem Ambiente möchten wir an diesen gedenken? Wieviel Pragmatismus ist dabei angebracht, wieviel konzeptionelle Symbolik ist umgekehrt notwendig, um das Unfassliche in der Endgültigkeit des Todes etwas besser verarbeiten zu können?

Friedhöfe sind Begegnungsorte. Ihre Architekturen und Gartenanlagen sind Ausdruck des Verhältnisses einer Gesellschaft zum Tod. Die Rituale und die Form der Bestattung spiegeln sowohl die gesellschaftlichen Verhältnisse als auch das geistige Selbstverständnis der Epochen wider. Die Entwicklung des Krematorienbaus ist Ausdruck der sich wandelnden Vorstellungen zur Frage, wie der letzte Weg des Menschen in einem würdigen Rahmen architektonisch ausgedrückt werden kann. Daneben geht es darum, den technischen Notwendigkeiten der Leichenverbrennung in ihrer räumlichen Ausformulierung eine angemessene Rolle zuzuweisen.

Aufgabe ist die Neuordnung und Ergänzung des Heidefriedhofs in Dresden unter Einbeziehung neuer Flächen und Gebäude für die unterschiedlichen Trauerkulturen der Weltreligionen wie auch der nichtreligiösen Bestattungszeremonien inkl. Aussegnungshallen. Außerdem soll auf diesem Friedhof ein neues Krematorium entstehen. Neben der Überlegung über die innenräumlichen Qualitäten dieses Gebäudes ist die Frage nach Gebäudevernetzung mit der »unvollständigen« Gesamtanlage dieses Heidefriedhofes zu beachten.

Der Abschied eines nahestehenden Menschen bedarf Raum für die Angehörigen, in dem sie sich individuell von den Verstorbenen verabschieden können. Die Unterschiede der Trauerriten in den verschiedenen Weltreligionen und die Diversität von jedem einzelnen Individuum sind Basis für die konzeptionelle Auseinandersetzung mit dem Thema. Der Entwurf „Garten des Lebens“ basiert auf der Idee des Hortus Conclusus – einem Raum für die Lebenden. Der Entwurf „Garten des Lebens“ setzt sich in die Gedenkachse des Dresdner Heidefriedhofs und gibt ihr einen gebürenden Abschluss, welcher sich in mehrere Sequenzen unterteilt. Die Besonderheit des weitläufigen Heidefriedhof ist, dass viele unterschiedliche Religionen und Kulturen aufeinandertreffen und jedem ein zugeordneter Raum angedacht ist. Der Entwurf soll wie eine Maßstabsverkleinerung des großen Friedhofs fungieren, in dem alle zusammen trauern können und die Grenzen der Religionen verschwimmen.

Das Konzept bedient sich zweier Motive, die die Grenze von Leben und Tod in ihrer Gegensätzlichkeit zusammenfassen. Die Mauer ist als raumhaltige Wand entworfen, in der neben dem unterirdischen, technischen Kremationsbereich auch Kolumbarium, Café, Kondulenzräume und weitere dienliche Räume situiert sind. Oberirdisch wird das Kolumbarium erschlossen, welches als Rundgang gestaltet ist. Das Erdgeschoss wird durch ein inszeniertes Abtauchen unter Wasser begleitet, welches in den Paradiesgarten mündet. Der wildbewachsene Garten des Lebens steht im Kontrast zum Tod und fängt die Trauernden in einem geschützen Bereich auf, der mit einem Ensemble von unterschiedlichen Räumlichkeiten besetzt ist, der individuell von den Angehörigen gewählt werden kann. Diese resultieren aus den fünf Wandlungsphasen der Natur : Wasser, Feuer, Holz, Metall und Erde. Der Weg entlang der Mauer dient als Haupterschließung und in dem wildbewachsenen Areal verlaufen zudem weitere kiesbedeckte Wege, die den Angehörigen und auch Besuchern die Möglichkeit bieten, den Paradiesgarten zu durchwandern. Den Abschluss bildet ein Wasserbecken, welches von der Skulptur des trauerndes Mädchens flankiert wird.

Die Aufgabe des Entwurfs besteht aus Feierhallen, Krematorium und Kolumbarium. In Feierhallen versammeln sich die Lebenden, während im Krematorium die Toten verbrannt und im Kolumbarium die Urnen aufbewahrt werden. Deswegen werden sie in zwei Teilen zugeordnet. Die Feierhallen bilden den ersten Teil und können den oben genannten Abstand anbieten. Das Krematorium und das Kolumbarium bilden den zweiten Teil.

Ich habe Standort 2 gewählt und die Hauptachse verlängert. Am Ende der verlängerten Achse bleibt der zweite Teil. Dieser Teil bildet ein Ziel, und der erste Teil bildet den Weg dazu. Von der Nordseite bis zur Südseite gibt es einen Höhenunterschied von 5 m. Es gibt die Möglichkeiten, dass man am Anfang direkt absteigt oder nach und nach absteigt. Aber es kann auch sein dass man direkt auf einer Ebene läuft. Um das zu verwirklichen, braucht es eine Konstruktion, die zwei Punkte verbinden und den Höhenunterschied überwinden kann, und jetzt im Standort steht ein Teich zur Verfügung. So habe ich mein Thema bekommt: eine Brücke. Als der Übergang bietet die Brücke den Abstand zwischen zwei Welten. Mit der Brücke kann man das Ziel erreichen.

Die Herausforderung dieser Entwurfsaufgabe besteht für mich darin, einen intimen Ort der Trauer mit der Maßstäblichkeit eines Krematoriums für eine Großstadt zu vereinbaren. Der Kiefernwald des Heidefriedhofs in Dresden bietet für mich eine ideale Kulisse, um ein geschütztes Gebäude zu schaffen, das als Rückzugsort der Trauergemeinde dient. Dem Trauernden sollen die funktionalen Erfordernisse des Krematoriums verborgen bleiben, sodass eine angemessene Abschiednahme möglich ist. Auch wenn der Tod alltäglich ist, soll die Aussegnung der Toten in meinem Gebäude großzügig inszeniert werden, sodass sich die Angehörigen an eine respektvolle Beerdingung erinnern. Eine klare unmissverständliche Orientierung im Gebäude ist für alle Beteiligten sehr wichtig, dafür nutze ich eine sehr akzentuierte Lichtführung, die den Besucher durch das Gebäude führt.

Das Gebäude lässt sich in zwei wesentliche Teile gliedern: Über einen schmalen Wandelpfad erreicht man den Haupteingang, der die Trauerbereiche erschließt. Über ein Foyer erreicht man, durch das Licht geführt, Kondolenz und Aufbahrungsräume sowie die große Aussegnungshalle im ersten Obergeschoss. Rückwärtig erschließt eine Zufahrtsstraße den im Untergeschoss befindlichen Wirtschaftshof sowie den Personalbereich. Die Böschung der Straße ermöglicht die Belichtung der Arbeitsstätten und Aufenthaltsräume des Krematoriums.

Die Verschneidung der beiden Nutzungsteile erfolgt über ein zweigeschossiges Foyer. Neben der repräsentativen Erschließung lagern sich hier, alle notwendigen Nebenräume für eine barrierefreie Nutzung sowie eine sichere Entfluchtung an.

Wie schon bei den alten Griechen ist das Elysion – „die Insel der Seligen“ jener Ort, an den die Götter ihre geliebten Menschen nach dem Tod entsandten und Ihnen die Unsterblichkeit schenkten.

Gemäß dieser Vorstellung bietet der Entwurf den Hinterbliebenen einen würdevollen Ort für die letzte Verabschiedung und macht den Übergang von Dies- und Jenseits architektonisch und atmosphärisch erlebbar.

Es wird bewusst ein nahezu surrealer Ort geschaffen, der den Hinterbliebenen die aus der Realität gelöste Situation des Todes begreiflich macht und ihnen hilft, sich zu verabschieden. Am Ende liegt der Fokus auf dem Ausblick auf das Leben und auf die Zukunft, der wie in der griechischen Jenseitsvorstellung durch einen Garten verkörpert wird.

Das Planungsfeld befindet sich an zentraler Stelle des Dresdner Heidefriedhofs. Am Fußende der großen Gedenkachse gelegen, bildet der Baukörper deren sanften Abschluss.

Aus der Ferne deutet sich das Krematorium zuerst durch die drei aus dem Erdboden erhobenen Trauerhallen und den Schornstein an.

Das Bauwerk nimmt sich so in der Landschaft zurück. Bei näherer Betrachtung wird der gesamte Baukörper sichtbar, der ringsum von einem breiten Wasserbecken umgeben, aus einer planaren Betonfläche besteht.

Die Erschließung der Trauerhallen, des Krematoriums und den weiteren Funktionsräumen erfolgt über das Untergeschoss, das über eine Treppe oder eine Rampe erreicht wird.

An zentraler Stelle des Untergeschosses befindet sich ein Wasserbecken um das herum die Zugänge zu den Warteräumen und den ihnen angeschlossenen Trauerhallen liegen. Jeder Trauerhalle ist wiederum ein Garten angeschlossen, der sowohl der Belichtung als auch der atmosphärischen Wirkung dient.

Das Krematoriumsgebäude ist physisch durch einen Lichtspalt in der Betondecke vom Trauerbereich getrennt. Dieser Spalt ist zugleich die Verlängerung der großen Gedenkachse des Heidefriedhofs.