Georg-Moller-Preis 2019
Preisverleihung und Ausstellungseröffnung
18.10.2019
Im Sommersemester 2019 haben Studierende am Fachgebiet Entwerfen und Baugestaltung (Prof. Wolfgang Lorch) im Rahmen des Georg-Moller-Preises eine Mobilitätsstation am Darmstädter Hauptbahnhof geplant. Am 15.10.2019 wurden im Kunden-Center der Sparkasse am Luisenplatz in Darmstadt die besten Arbeiten prämiert und die begleitende Ausstellung eröffnet.
Durch die, in den vergangenen Jahren in vielen europäischen Metropolen und Regionen eingeläutete Mobilitätswende im individuellen Nahverkehr, stellen Bahnhöfe heute mehr dar, als rein funktionale Orte. Als Social Hubs sind sie Treffpunkte für Millionen von Menschen und architektonische Ausdrucksformen von Mobilität. Vor diesem Hintergrund steht das Ankommen in der Stadt im Zentrum des Moller-Preises 2019.
Am Darmstädter Bahnhofsplatz entsteht als ergänzender Flügelbau des Vorplatzes eine Mobilitätsstation. Oberirdisch soll der Neubau als zukunftsfähiges, städtisches Haus entstehen. Sowohl die Gestalt des neuen Akteurs am Platz der Deutschen Einheit, als auch die Entwicklung der Nutzungsszenarien über ein Fahrradparkhaus hinaus, sind Gegenstand des Entwurfes. Hierbei ist der Umgang mit dem wertvollen historischen Bestand gleichermaßen von Bedeutung wie die Reaktion auf die verkehrstechnisch relevante Situation. Die Unterbringung von ca. 4000 Fahrrädern stellt die zentrale Fragestellung des Entwurfs dar.
In interdisziplinärer Zusammenarbeit mit dem Institut für Mechatronische Systeme im Maschinenbau der TU Darmstadt wurden für das Untergeschoss technische und mechanische Ansätze zur Aufbewahrung der Fahrräder entwickelt. Es galt, eigenständige Antworten auf relevante Fragen im Kontext von Mobilitätsentwicklung und ihrer architektonischen Begleitung zu finden.
Fünf Projekte ausgezeichnet
Im Rahmen des Georg-Moller-Preises 2019, den die Bauverein AG jährlich zur Förderung des fachlichen Gesprächs zwischen der Stadt Darmstadt, der Bauverein AG und der TU Darmstadt auslobt, wurden fünf Studienarbeiten prämiert. Die Jury zeichnete einstimmig die Arbeit von Julia Kemkemer mit dem Georg-Moller-Preis 2019 aus. Die beiden dritten Preise gehen gleichberechtigt an Tobias Lenz und Ulrich Müller. Zwei gleichwertige Anerkennungen werden an Maximilian Wagner und die Gruppenarbeit Cycle Station von Dongling He, Lei Xu, Marvin Muchunu, Yihan Hu und Zhangke Liang vom Fachbereich Maschinenbau vergeben.
1. Preis: Julia Kemkemer
Der Entwurf von Julia Kemkemer überzeugt durch eine eigensinnige Filigranität und ein hohes Maß an Durcharbeitung. Die Städtebauliche Setzung überzeugt nicht zuletzt durch das öffentliche Erdgeschoss. Auch die Zugänglichkeit der Mobilitätszentrale, die durch einen freistehenden Pavillon im Park mit gebührendem Abstand zum Hauptbaukörperverortet wird, stellt ein absolutes Alleinstellungsmerkmal dar. Die besonders herausgearbeitete Differenzierung der Nord- und Südfassaden gibt dem Entwurf eine ausgefeilte und zugleich subtile Prägung. Die zugleich zeitgenössische, wie auch zeitlich ungebunden wirkende Architektursprache vermag es, dem Gebäude einen Ausdruck zu verleihen, der sowohl der Aufgabe, als auch dem Ort in bester Weise gerecht wird.
3. Preis: Tobias Lenz
Tobias Lenz schafft es durch eine konsequente Zweiteilung seines Entwurfs auf eine besonders eindrückliche Art und Weise den Park, das städtische Haus und den steinernen Platz miteinander zu verzahnen. Die Gleichförmigkeit des räumlichen Rasters ermöglicht nach außen eine hohe Flexibilität in Bezug auf die Reaktionen zum unmittelbaren Kontext. Architektonische Details, wie die gebogenen Prallscheiben auf der homogen wirkenden Platzfassade werden zum Park hin zu Luftkissen und Wintergärten transformiert, die eine aufgelöste Struktur erzeugen. Diese ermöglicht in hohem Maße eine flexible Nutzbarkeit. Die Ausarbeitung der innenräumlichen Strukturierung wurde im Verhältnis zur äußeren Gestalt kontrovers diskutiert.
3. Preis: Ulrich Müller
Die Arbeit von Ulrich Müller ist in erster Linie durch ihre eigenständige Herangehensweise an die Aufgabe zu würdigen. In einer freien Interpretation der Aufgabenstellung entwirft Herr Müller zunächst eine dritte Brücke über die Gleisanlagen am Hauptbahnhof. Diese neue Brücke stellt eine wertvolle Entlastungsmöglichkeit der ohnehin nicht ausreichend dimensionierten Aufgänge von den Gleisanlagen zu generieren. Sie bietet gleichzeitig Raum für die Mobilitätsstation, die in Anlehnung an die aktuelle Nutzung des ehemaligen Fürstenstegs ein optimales Ankommen der Nutzer ermöglicht. Durch die strikte Funktionstrennung wird der eigentliche Bauplatz entlastet und es ergibt sich die Möglichkeit andere Nutzungen an dieser prominenten Stelle zu verorten. Die differenzierte Architektursprache des Baukörpers am Platz der Deutschen Einheit ermöglicht einen Einblick in die herausragende Durcharbeitung des Entwurfs. Trotz der kontrovers diskutierten Architektursprache, lobt die Jury die innenräumlichen Qualitäten.
Anerkennung: Maximilian Wagner
Das Alleinstellungsmerkmal der Arbeit von Maximilian Wagner stellt der großmaßstäblich gedachte städtebauliche Ansatz dar. Die mutige Interpretation der Aufgabenstellung führt zu einer provokanten Weiterentwicklung des städtischen Raums. Sowohl zur Rheinstraße als auch am Platz der Deutschen Einheit schafft es Herr Wagner unterschiedlich charakterisierte Räume auszubilden. Die Kopfbauten bilden hierbei jeweils adäquate Abschlüsse der entsprechenden Platzsituationen. Im Inneren der Blockbebauung entsteht eine Art grüne Oase, die durch ihren Charakter einen Ruhepol inmitten des transitorisch geprägten Kontexts schafft. Hieraus werden dieraumbildenden Flanken erschlossen und bieten Raum für dringend benötigten, innerstädtischen Wohnraum.
Anerkennung Gruppenarbeit Cycle Station (FB Maschinenbau): Dongling He, Lei Xu, Marvin Muchunu, Yihan Hu, Zhangke Liang
Die vorgestellte Mobilitätsstation beinhaltet sowohl Komponenten der Digitalisierung und Vernetzung, um effizient auf Pendlerstoßzeiten einzugehen, als auch ein innovatives mechanisches Design, um zuverlässig und wirtschaftlich sinnvoll das sichere Abstellen von Fahrrädern zu ermöglichen.Die Arbeit diskutiert einen Gesamtlösungsansatz und beleuchtet hierbei vor allem die Nutzung von vier separaten zylindrischen Lagersystemen, ausgestattet mit Zwischen- und Hauptlager, und einem innovativen Aufzugsystem zur effizienten Eingabe, Einlagerung und Ausgabe von Fahrrädern. Es handelt sich hierbei um eine Weiterentwicklung eines bereits bestehenden Systems, wobei die Lagerkapazität durch ein verändertes räumliches Konzept und durch geschicktes Ausnutzen der zylindrischen Form um einen Faktor fünf gesteigert werden konnte. (Dr. Debora Clever)
Dotierungen:
1. Preis: 1.000 Euro
3. Preise je 500 Euro
Anerkennungen je 300 Euro
Ausstellung im Kundencenter der Sparkasse am Luisenplatz in Darmstadt
Ausstellungsdauer: 16.10. bis 7.11.2019
Öffnungszeiten: Mo.–Do. 9–18 Uhr, Fr. 9–16 Uhr
Der Georg-Moller-Preis
wird seit 1989 in Erinnerung an das Werk Georg Mollers für Studierende des Fachbereichs Architektur der TU Darmstadt ausgelobt. Der Georg–Moller-Preis, der sich auf Darmstädter Bau – und Planungsaufgaben bezieht, soll „in schöpferischer Verknüpfung mit Theorie und Praxis die Auseinandersetzung mit realen und städtebaulichen Fragestellungen unserer Stadt fördern“.
Der Georg-Moller-Preis soll auch das fachliche Gespräch zwischen der Stadt Darmstadt, dem Bauverein AG und der Technischen Universität beleben. Der Architekt und Bauforscher Georg Moller (1784-1852) hat als Leiter des Hessischen Staatsbauwesens mit seinen städtebaulichen Planungen die bürgerlich-klassizistische Struktur des Darmstädter Stadtgrundrisses und das Stadtbild mit wesentlichen Bauwerken, etwa dem „Moller-Bau“ des Staatsarchivs am Karolinenplatz, maßgeblich geprägt.