Georg-Moller-Preis 2020

Preisverleihung und Ausstellungseröffnung

27.10.2020

Im Sommersemester 2020 haben Studierende am Fachgebiet Entwerfen und Baukonstruktion (Prof. Felix Waechter) eine Stadtbibliothek im Darmstädter Herrngarten geplant. Am 26.10.2020 wurden die fünf besten Arbeiten mit dem Georg-Moller-Preis der Stadt Darmstadt ausgezeichnet und die begleitende Ausstellung eröffnet.

Die zum 30. Mal vergebene Auszeichnung, die herausragende Arbeiten am Fachbereich Architektur würdigt, geht in diesem Jahr an Sebastian Schäfer (1. Preis, 900 Euro), Katja Heilingbrunner (2. Preis, 700 Euro) und Ella Westphal (3. Preis, 500 Euro). Haya Al Bitar und Maximilian Gehron erhalten jeweils eine Anerkennung (250 Euro).

Die Preisverleihung durch Oberbürgermeister Jochen Partsch erfolgte im Institut für Neue Technische Form (INTeF). Pandemiebedingt waren ausschließlich Preisträger*innen und Jury anwesend. Ausgestellt werden die prämierten Pläne und Modelle eine Woche lang. Die INTeF-Öffnungszeiten sind dienstags bis samstags von 11 bis 17 Uhr und sonntags von 11 bis 14 Uhr.

Die Preisträger*innen und die Mitglieder der Jury. Foto: Jochen Klie
Die Preisträger*innen und die Mitglieder der Jury. Foto: Jochen Klie

Die Aufgabe
Die Entwurfsaufgabe bestand darin, im Dreiklang mit dem Landesmuseum und dem städtischen Archiv im Haus der Geschichte die Stadtbibliothek als Teil des Herrngartens oder aber als Auftakt und Abschluss des Herrngartens neu zu denken. Die besondere Situation zwischen Park und Innenstadt, eingebettet in die einzigartige stadträumliche Struktur, erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit dem Ort. Die Verknüpfung von Gebäude und Freiraum, Zugang und Erschließung, Einblick und Ausblick sind die zentralen Themen bei der Entwicklung der städtebaulichen Setzung. Über die Benutzung hinaus soll die Bibliothek als öffentlicher Ort verstanden werden, in dem das Vermitteln, Bilden und Forschen im Mittelpunkt steht. Es sind Räume oder Bereiche für die verschiedenen Genres und die unterschiedlichen Nutzergruppen zu bilden. Ganztägig, über die Öffnungszeiten hinaus, soll die Bibliothek Besucher, Kinder und auch Forscher einladen und so zu einem öffentlichen Ort, einem kulturellen Marktplatz werden.

„In den boomenden Metropolregionen mit dynamisch wachsender Bevölkerungszahl ist Platz knapp und ein hohes und kostbares Gut“, erläutert OB Partsch. „Umso wichtiger ist hier die kluge und vorausschauende Vernetzung verschiedener Bereiche des öffentlichen Lebens, um daraus nicht Synergieeffekte für die Nutzung sondern auch Begegnungsorte für die Bevölkerung zu erzeugen. Dies ist allen Preisträgern auf besondere Art und Weise gelungen, haben sie sich doch intensiv mit den Anforderungen an Aufenthaltsqualität und Bildung im Kontext kontinuierlicher Verdichtung in modernen urbanen Räumen auseinandergesetzt“

Preisträger: Sebastian Schäfer

Der Entwurf von Sebastian Schäfer überzeugt durch seine Eigenständigkeit und ein hohes Maß an Durcharbeitung. Die geschickte städtebauliche Setzung und das stetige Auflösen des gestuften Baukörpers von der Schleiermacherstraße hin zum Herrngarten, zeigen eine intensive Auseinandersetzung mit dem Ort und zeugen von einem differenzierten architektonischen Verständnis. Die Erdgeschossnutzung, das kontemplative Arbeiten im Untergeschoss, die Raumproportion und wie diese in Beziehung zueinander gesetzt werden, sowie die ausdifferenzierte Topographie der Freifläche erzeugen einen Vorplatz mit hoher Aufenthaltsqualität und eigener Identität. Die Innenräume überzeugen bis ins Detail durch eine sehr gekonnte Anordnung und sorgfältige Ausformulierung. Die vertikale Verknüpfung der Geschosse über Lufträumen erzeugt über diagonale Blickbeziehungen spannende und vielfältige Raumsequenzen und schöne Raumeindrücke.

Die detailreich ausformulierten Fassaden nehmen Proportionen und Farbigkeit der historischen Nachbarschaft auf und interpretieren diese neu. Es entsteht ein höchst eigenständiger – dem Ort und der Nutzung entsprechender – Ausdruck.

Preisträgerin: Katja Heilingbrunner

Katja Heilingbrunner teilt das Raumprogramm auf einen flächigen Baukörper auf, der funktional hervorragend organisiert ist. Der ‚Gebäudeteppich’ fügt sich wie selbstverständlich in den umgebenden Park ein. Die Setzung ist eine überzeugende Antwort auf die ungenügende Situation, die durch die Rückseite des Landesmuseums zum Herrngarten hin entsteht. Die leicht geschwungenen Dächer, die fein detaillierte Fassade und die hohe Transparenz, sowie die zugleich zeitgenössische, wie auch zeitlich ungebunden wirkende Architektursprache vermögen es, dem Gebäude einen Ausdruck zu verleihen, der sowohl der Aufgabe, als auch dem Ort in bester Weise gerecht wird.

Weitere Informationen zu den Arbeiten von Sebastian Schäfer und Katja Heiligbrunner.

Preisträgerin: Ella Westphal

Der C-förmige, polygonale Baukörper fügt sich äußerst gefällig in die umliegende Bebauung ein und vermag die städtebauliche ‚Wunde’ nördlich des Kargelbaus zu heilen. Der Entwurfsgedanke, den Erweiterungsbau ‚fertig zu bauen’ und auf diesen Bezug zu nehmen, überzeugt. Im Zusammenklang mit dem Kargelbau und der Westfassade des Landesmuseums entsteht so ein qualitativ hochwertiger, gefasster Außenraum. Die geschlossene Fassade zur Schleiermacherstraße und die sich weit öffnende zum Herrngarten hin, abgesenkte Fassade werten den öffentlichen Raum auf und schaffen eine hohe Qualität im Inneren des Gebäudes. Die freie Organisation des Innenraumes sowie die gewinkelte Kaskadentreppe schaffen geschickte Blickbezüge und eine sehr spannende Wegführung durch das Gebäude.

Haya Al Bitar

Aus der geschickten Interpretation der Aufgabenstellung wird konzeptionell sowie durch die räumliche Anbindung ein neuer Typus ‚Biblioseum’ und eine einzigartige Leseumgebung abgeleitet. Im Inneren des Gebäudes entsteht eine fließende Raumabfolge zwischen Bibliothek und Museum von hoher Qualität. Die größtenteils geschlossenen Fassaden im ersten und zweiten Obergeschoss erzeugen eine kompakte, geborgene und kontemplative innenräumliche Atmosphäre, während sich das Erdgeschoss großzügig weithin zum Park öffnet.

Maximilian Gehron

Aus dem Wechsel offener und geschlossener, gerader und konkav gebogener Fassaden entsteht ein identitätsstiftender Baukörper der sich stadträumlich sehr gut in die Maßstäblichkeit der umgebenden Bebauung einfügt, wobei der Anschluss an die nördliche Bebauung nicht überzeugt. Es entstehen öffentliche Räume mit hoher Aufenthaltsqualität, die geschickt Bezüge aufnehmen und auf unterschiedliche Bedingungen der Nachbarbebauung reagieren. Die großflächige Öffnung zum Herrngarten und zur Schleiermacherstraße lassen im Einklang mit ihrer innenräumlichen Orientierung viel Qualität erwarten. Der Mut, die konkav gebogenen Fassaden weitgehend geschlossen zu halten, findet Anerkennung und beruhigt das Fassadenbild.

Die Ausstellung

Ort: Institut für Neue Technische Form (INTeF)
Friedenspl. 11, 64283 Darmstadt
Ausstellungsdauer: 26.10.2020 bis 02.11.2020
Öffnungszeiten: dienstags bis samstags von 11 bis 17 Uhr und sonntags von 11 bis 14 Uhr.

Die Jury

Der Jury des Georg-Moller-Preises 2020 gehörten an

Oberbürgermeister Jochen Partsch, Dr. Barbara Boczek (Planungsdezernentin), Jochen Krehbiehl (Leiter des Stadtplanungsamtes), Armin Niedenthal und Felix Leonhardt (bauverein AG) und Prof. Felix Waechter (FG Entwerfen und Baukonstruktion, TU Darmstadt).

Der Georg-Moller-Preis
wird seit 1989 in Erinnerung an das Werk Georg Mollers für Studierende des Fachbereichs Architektur der TU Darmstadt ausgelobt. Der Georg–Moller-Preis, der sich auf Darmstädter Bau – und Planungsaufgaben bezieht, soll „in schöpferischer Verknüpfung mit Theorie und Praxis die Auseinandersetzung mit realen und städtebaulichen Fragestellungen unserer Stadt fördern“.

Der Georg-Moller-Preis soll auch das fachliche Gespräch zwischen der Stadt Darmstadt, dem Bauverein AG und der Technischen Universität beleben. Der Architekt und Bauforscher Georg Moller (1784-1852) hat als Leiter des Hessischen Staatsbauwesens mit seinen städtebaulichen Planungen die bürgerlich-klassizistische Struktur des Darmstädter Stadtgrundrisses und das Stadtbild mit wesentlichen Bauwerken, etwa dem „Moller-Bau“ des Staatsarchivs am Karolinenplatz, maßgeblich geprägt.

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