Jakob-Wilhelm-Mengler-Preise 2022 verliehen

Erstmals sieben gleichwertige Auszeichnungen

04.11.2022

Im Rahmen ihrer Sitzung im Oktober 2022 hat die Jury des Jakob-Wilhelm-Mengler-Preises die Preisträger*innen bestimmt.

Die Mengler-Stiftung zeichnet jedes Jahr Arbeiten aus, „die sich durch ihre Anwendungsorientiertheit, die Durchgängigkeit der Lösung bis ins letzte Detail und ein eigenes Profil in besonderem Maße auszeichnen.“ Der Jury wurden in diesem Jahr 39 Arbeiten zur Begutachtung vorgelegt. Als externe Jurymitglieder konnte der Fachbereich dieses Mal Prof. Dr.-Ing. Julius Niederwöhrmeier (Entwerfen und Konstruieren, HS Mainz) und Prof. Dipl.-Ing. Jens Wittfoht (wittfoht architekten bda, Stuttgart) gewinnen. Der Jury gehörten außerdem die Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen Dr.‐Ing. Clemens Brünenberg und Dr. Frederike Lausch sowie die Studierenden Nina Pfeiffer B.Sc. und Katharina Sell B.Sc. an. Die Einführung übernahm Studiendekan Prof. Felix Waechter.

Die Jury vergab erstmals sieben gleichwertige Auszeichnungen. Die Preisverleihung fand am 4. November im Rahmen der Sichten-Ausstellung statt.

Die Preise

Marina Gros für den Entwurf „Bühne frei“

Die Aufgabe, eine Spielstätte auf dem Tempelhofer Feld zu konzipieren, die klassische Spielelemente mit den der Subkultur verbindet, löst Marina Gros schon mit der Wahl des Standortes – indem sie ihr Projekt am östlichen Rand des weiten innerstädtischen Areals verortet, im Übergang zur städtebaulichen Struktur von Neukölln. Geschickt bettet sie das zweigeschossige, konsequent zonierte und sachlich gestaltete Theater so in die Topographie ein, daß sich die natürliche Hangneigung im Profil der beiden Zuschauerräume fortsetzt: Sie öffnen sich zur Bühne und in die Weite des Tempelhofes Feldes und geben den Blick frei bis zum Gegenüber des alten Flughafengebäudes. Mitdiesem Konzept – das Theaterhaus unprätentiös eher als eine Art Instrument zu konzipieren – schafft die Verfasserin ein niedrigschwelliges kulturelles Angebot im sozialräumlichen Kontext des Ortes und bespielt das Tempelhofer Feld, ohne es zu besetzen: ein insgesamt bestechender Beitrag – und tatsächlich, wie die Verfasserin treffend beschreibt: „Eine Bühne für jeden!“

Der Entwurf entstand im Wintersemester 2021/22 am Fachgebiet Entwerfen und Gebäudetypologie, Prof. Dipl.-Ing. Elke Reichel.

Annika Beissner für den Entwurf „Der andere Ort – Mediterranean Institute“

Die Bachelorthesis von Annika Beissner besticht durch ihren sensiblen und damit nachhaltigen Umgang mit dem Kontext und der Küstenlandschaft. Um den Leuchtturm herum gruppiert sie einzelne Bauwerke, die sich durch die Wahl der lokal typischen Materialität anpassen, zugleich in ihren einfachen geometrischen Formen zu erkennen geben, dass sie neu sind. Der fast dörfliche Charakter des Forschungsinstituts evoziert ein Bild von Wissenschaft, die nicht in Elitehochburgen entsteht, sondern mit dem Alltag verwurzelt ist. Anstatt auf Monumentalität zu setzen, konzentriert sich die Arbeit auf soziale Interaktionen, die in den zahlreichen Höfen und Plätzen sehr gut vorstellbar sind, und auf Rückzugsmöglichkeiten, die für das wissenschaftliche Arbeiten essentiell sind. Besonders hervorzuheben ist die atmosphärisch passende Darstellungsart mit von handgezeichneter Landschaft.

Der Entwurf entstand im Sommersemester 2022 am Fachgebiet Entwerfen und Gebäudetypologie, Prof. Dipl.-Ing. Elke Reichel.

Jascha Lenz für den Entwurf „Was ihr wollt – Ein Lernraum in der Maschinenbauhalle“

Die Arbeit von Jascha Lenz überzeugt durch einen hohen Grad an architektonischer Flexibilität und Qualität in der Auseinandersetzung mit einer typologischen Umnutzung. Dabei gelang es ihm, eine ehemalige Maschinenhalle inmitten Darmstadts mit verhältnismäßig wenigen Elementen in einen Lernort für Studierende zu verwandeln und dabei gleichzeitig den Charakter der denkmalgeschützten Halle zu erhalten. So bleibt beispielsweise eine bestehende Kranbahn erhalten, um verschiedene Veranstaltungs- und Lernszenarien bespielen zu können.Der präzise Umgang mit Material und Farbe sowie das Angebot differenzierter flexibler Möblierung und Lernmöglichkeiten machen den Entwurf zu einem Paradebeispiel, wie eine nachhaltige und zukunftsorientierte Umnutzung funktionieren kann.

Der Entwurf entstand im Sommersemester 2022 am Fachgebiet Entwerfen und Raumgestaltung, Prof. Dipl.-Ing. ETH Johanna Meyer-Grohbrügge.

Jana Bock für den Entwurf „Assemblée Départementale“

Für den Neubau des Regionalparlaments zwischen Place Stanislas und Parc de la Pépinerie entwickelt Jana Bock auf Grundlage einer einfachen ringförmigen Erschliessungstypologie eine komplexe Struktur ein- und zweigeschossiger Kuben, die allseitig um den Plenarsaal im Zentrum der Anlage andocken, und die sich gleichsam mit dem prominenten stadträumlichen Kontext verzahnt. Transparente Vor- und Rücksprünge und Atrien schaffen vielfältige Licht- und Sichtbezüge zwischen den Nutzungsbereichen und zum Außenraum hin; die Materialisierung als filigraner und präzise gefügter Stahlskelettbau mit umlaufenden Glasfassaden ist folgerichtig. Auch wenn dieses Konzept allseitig vollverglaster Gebäudehüllen bezüglich energetischer Optionen und Schutz gegen und Nutzung von solarer Energie Fragen offen lässt, zeigt sich hier doch mit konsequenter Offenheit und dem Angebot des Einsehens eine ebenso angemessene wie überzeugende Antwort auf die Frage, wie sich ein Regionalparlament in der Demokratie präsentieren sollte.

Der Entwurf entstand im Wintersemester 2021/22 am Fachgebiet Entwerfen und Baukonstruktion, Prof. Dipl.-Ing. M.Arch. Felix Waechter.

Judith Lauer und Maren Schroeder für den Entwurf„stadt.land.(über)fluss? Frankfurt essbar“

Die Gruppenarbeit von Judith Lauer und Maren Schroeder besticht durch ihre vielschichtige und intensive Auseinandersetzung wie in Zukunft mit dem Problem der Lebensmittelsicherheit und dem Flächenverbrauch der industriellen Landwirtschaft umgegangen werden kann. Für die Studierenden kann das sogenannte „Vertical Farming“ nicht die einzige Zukunftstechnologie sein. So führt ihr Booklet: „Frankfurt Essbar?“ den Leser in einem Stadtspaziergang durch Frankfurt und lädt ihn dazu ein, sich aktiv mit der Stadtgeschichte und möglichen Standortpotenzialen für lokale Lebensmittelproduktion auseinanderzusetzen. Dabei werden verschiedene Maßstäbe und Wirkungsgrößen verwendet, Produktionsmethoden erläutert und vielschichtige Zukunftsszenarien aufgezeigt. Es gelingt den Beiden durch ihre bedeutungsvolle Perspektive und informative Argumentation, von ihrem Fazit zu überzeugen: „Frankfurt Essbar? Ei sischer!“

Der Entwurf entstand im Wintersemester 2021/22 am Fachgebiet Entwerfen und Stadtentwicklung, Prof. Dr.-Ing. Annette Rudolph-Cleff.

Janis Korell und Jannik Steinbrecher für den Entwurf „Perspektiven Frankfurt Nordwest“

Im von der Stadt Frankfurt als „Stadtteil der Quartiere“ angedachten Anschluss an die Nordweststadt wurde zur Aufgabe gestellt, ein Stadtquartier zu entwickeln. Die besondere Herausforderung bestand in den Begrenzungen des Gebiets: Der Nordweststadt im Osten und der Autobahn A5 im Westen.Die Arbeit von Janis Korell und Jannik Steinbrecher überzeugt durch eine tiefgehende und kluge Analyse der Gegebenheiten vor Ort, insbesondere der städtebaulichen wie architektonischen Umsetzung der Nordweststadt durch Walter Schwagenscheidt und Tassilo Sittmann. Dabei knüpfen sie in ihrem eigenen Entwurf an die gänzlich ausgeschöpften Potentiale der Nordweststadt an und finden zeitgemäße Lösungen für Infrastruktur und Wohntypologien. Die gekonnte Verknüpfung mit dem Bestand und die fast spielerische Lärmschutzlandschaft zur Autobahn hin zeigen ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse heutiger Quartiersplanungen. Gleichzeitig ist der Beitrag ein gelungenes Beispiel für den Umgang mit baukulturell hochwertigen Bestandsquartieren.

Der Entwurf entstand im Wintersemester 2021/22 am Fachgebiet Entwerfen und Freiraumplanung, Prof. Dr.-Ing. Jörg Dettmar.

Thomas Breidert, Clara Eschmann und Kim Strobel für den Entwurf „Aufpolieren! Brechen im goldenen Grund“

Eine der wichtigen gegenwärtigen wie zukünftigen Planungsaufgaben stellt die Auseinandersetzung mit sich im Wandel befindlichen Kleinstädten und Dörfern dar. Die offene Entwurfsaufgabe sah dies für die Gemeinde Brechen im Taunus vor.Bestechend in der prämierten Arbeit ist der behutsame und überzeugende Umgang mit der zentralen Frage „Wer bin ich?“, also einer Identitätssuche für den gewählten Ort, die nie ins Generische fällt. So schlagen die drei Bearbeiter*innen vor, dem Ort seine vielschichtige Persönlichkeit über die Entwicklung einer Toolbox wieder zugänglich zu machen. Dabei wird sehr auf die – zwar in vielen Orten vorhandene, aber stets individuelle – Struktur aus Historie, Vereinen und gesellschaftlichem Zusammenwirken geachtet. Exemplarisch wird dies in der Planung zum zentralen Brunnenplatz Oberbrechens deutlich. Wichtige und zukunftsweisende Themen wie die Vereinbarkeit von Baukultur und Klimaschutz, der Verkehrswende und Energiebewirtschaftung werden hier wie selbstverständlich zu einer stimmigen, auf die Individualität des Genius Loci abgestimmten Gesamtlösung präsentiert.

Der Entwurf entstand im Wintersemester 2021/22 am Fachgebiet Entwerfen und Freiraumplanung, Prof. Dr.-Ing. Jörg Dettmar.

Der Jakob-Wilhelm-Mengler-Preis

Der nach dem bekannten Darmstädter Bauunternehmer Jakob Wilhelm Mengler benannte Preis wird seit 1994 jährlich an Studierende des Fachbereichs Architektur vergeben.

Prämiert werden Arbeiten, die sich durch ihre Anwendungsorientiertheit, die Durchgängigkeit der Lösung bis ins letzte Detail und ein eigenes Profil in besonderem Maße auszeichnen.

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